
Wie russische Häftlinge zu Wagner-Kämpfern werden
n-tv
Mit dem Versprechen auf Freiheit lockt Wagner-Chef Prigoschin russische Gefangene in die Ukraine. Mit fünf von ihnen kann die Nachrichtenagentur Reuters sprechen. Während einer den Krieg als "absolute Hölle" bezeichnet, bekommen andere gar nicht genug vom Schlachtfeld.
"Du warst ein Straftäter, jetzt bist du ein Kriegsheld", sagt der Gründer der russischen Söldner-Gruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, in einem Video zu einer kleinen Gruppe von Männern. Zweien von ihnen fehlen Teile eines Beins, ein dritter hat einen Arm verloren. Prigoschin sitzt mit ihnen auf einer Dachterrasse in einem Ferienort an der russischen Schwarzmeerküste. Im Oktober veröffentlichte eine russische Nachrichtenseite den kurzen Film, der zum ersten Mal die Rückkehr von einigen verurteilten Straftätern zeigen sollte, die sich Prigoschins Truppe zum Kampf in der Ukraine angeschlossen hatten.
Tausenden war Begnadigung versprochen worden, wenn sie sechs Monate Krieg überlebten. Interviews mit fünf Rückkehrern zeichnen jetzt das bisher detaillierteste Porträt von Prigoschins Häftlings-Armee. Dafür untersuchte die Nachrichtenagentur Reuters das Video sowie mehr als ein Dutzend anderer Aufzeichnungen von heimkehrenden Sträflingskämpfern mit einer Gesichtserkennungssoftware. In dem zwischen Oktober 2022 und Februar 2023 veröffentlichten Material konnten die Reporter mehr als 30 Männer identifizieren, indem sie die abgebildeten Personen mit sozialen Medien und russischen Gerichtsdokumenten abglichen.
Unter ihnen sind Mörder, Diebe und ein selbst ernannter Satanist. Von elf Söldnern, die Reuters kontaktieren konnte, erklärten sich fünf zu Interviews per Telefon und Messaging-App bereit. Sie sprechen über ihre Rekrutierung und Ausbildung, die Kämpfe in der Ukraine und die ungewisse Zukunft. Die Berichte über ihren Einsatz lassen sich nicht unabhängig prüfen, doch viele Einzelheiten stimmen überein. Detaillierte Fragen zu diesem Artikel an Russlands Verteidigungsministerium, den russischen Strafvollzug, Prigoschin selbst und seine Wagner-Gruppe blieben unbeantwortet. Prigoschin wies die Fragen von Reuters allerdings in einem kurzen E-Mail-Statement als "verrückt" zurück.
