Wie lange kann das noch gut gehen?
Süddeutsche Zeitung
Die Inflationsrate steigt so stark wie nie. Kurzfristig ist die Lage nicht so dramatisch, wie es aussieht. Und langfristig? Da kommt es auf die Europäische Zentralbank an.
Viele Menschen in Deutschland sind alarmiert. Die Inflation scheint zurückzukehren. Im Oktober sind die Verbraucherpreise um 4,5 Prozent gestiegen, so sehr wie seit 28 Jahren nicht mehr. Diesel und Superbenzin erreichen Rekordpreise, das teure Erdgas wird die Heizkosten in diesem Winter treiben. Die Europäische Zentralbank (EZB) steht unter Druck. Die Preise steigen, zugleich wächst die Wirtschaft langsamer als erwartet und verträgt keine Schocks - daher wird die Notenbank bis auf Weiteres ihre ultralockere Geldpolitik fortsetzen, wie ihre Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag klarmachte. Höhere Zinsen sind 2022 also unwahrscheinlich. Aber wie lange kann das noch gut gehen, ohne dass der Euro immer weniger wert wird? Der wichtigste Kritiker des EZB-Kurses, Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, wird zum Jahresende ausscheiden. Die Nachfolgerin oder den Nachfolger muss die neue Bundesregierung bestimmen, die es aber noch gar nicht gibt; auf jeden Fall ein Faktor der Unsicherheit.