
Wie Hannah Kuhn dem Holocaust entkam
n-tv
Vor 85 Jahren startet in Berlin der erste Kindertransport nach Großbritannien: Etwa 10.000 Kinder werden auf diesem Weg vor dem nationalsozialistischen Massenmord gerettet. Eine Ausstellung des Deutschen Bundestages erzählt in fünf Geschichten von dem ewigen Schwanken zwischen Hoffnung und Trauer.
"Worried as no letters from you. Hannah well." (In Sorge, da keine Post von Ihnen. Hannah gut.) In Großbuchstaben steht die Botschaft auf einem rissigen Stück Papier. Es ist ein Telegramm vom 5. Juni 1940, Absender ist das Britische Rote Kreuz. Die acht Worte sind eine der letzten Nachrichten an Herta und Franz Kuhn. Erst Jahrzehnte später erfährt ihre Tochter Hannah, dass ihre Eltern in Auschwitz ermordet wurden.
Hannah Kuhn ist eines von etwa 10.000 vorwiegend jüdischen Kindern, die in den Jahren 1938 und 1939 mit dem Zug nach Großbritannien geschickt wurden. In einer neun Monate andauernden Rettungsaktion wurden die Minderjährigen aus Deutschland, Österreich und der Tschechischen Republik kurz vor Kriegsbeginn in die Freiheit verstoßen. Es war der Auftakt in ein neues Leben, eine Wiedergeburt vor dem Tod, vor dem man sie bewahren wollte.
Das Telegramm der Familie Kuhn liegt in der Halle des Paul-Löbe-Hauses des Deutschen Bundestages. 2024 jährt sich der Beginn der Kindertransporte zum 85. Mal. Die Ausstellung "I said 'Auf Wiedersehen' - 85 Jahre Kindertransport nach Großbritannien" gedenkt der Rettungsinitiative und der Schicksale der Geretteten und ihrer Hinterbliebenen. Ausgewählte Briefe und Fotografien erzählen die Geschichten von fünf verschiedenen Familien - sie alle eint neben unsäglichem Leid auch das Schwanken zwischen der Hoffnung auf Wiedersehen und der Angst vor ewiger Trennung.
