Wie geht es mit dem Home-Office nach der Pandemie weiter?
Süddeutsche Zeitung
Viele Menschen werden auch nach der Pandemie weiter von zu Hause aus arbeiten, legt eine neue Studie nahe. Doch damit geht jetzt der Streit los.
Die IT-Spezialistin, der Marketingexperte, die Journalistin: Viele Menschen, die früher ganz selbstverständlich jeden Tag ins Büro gefahren sind, arbeiten seit Ausbruch der Corona-Pandemie von zu Hause aus. Und sie werden das wahrscheinlich auch dann noch tun, wenn die Pandemie eines Tages vorbei ist. Darauf deutet zumindest eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und des Jobportals Indeed hin, die der SZ vorliegt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben anhand von 400 Millionen Stellenanzeigen aus 20 Ländern, darunter Deutschland, untersucht, wie sich die Einführung und die Rücknahme von Corona-Beschränkungen auf das Home-Office auswirken.
Die ausgeschriebenen Jobs mit dieser Option haben demnach stark zugenommen, seit Ausbruch der Pandemie hat sich deren Anzahl in den untersuchten Ländern verdreifacht. Am größten ist das Angebot in Polen (16 Prozent der Stellen), in Spanien (15 Prozent) und in Österreich (12,5 Prozent), Deutschland liegt mit 11 Prozent der Stellenangebote auf Platz fünf. Das Interessante ist: Wenn die coronabedingten Beschränkungen zurückgenommen wurden, etwa, weil die Infektionszahlen sanken, dann veränderte sich das Home-Office-Angebot nicht in gleichem Maße. In zahlreichen Ländern wurden weiterhin gleich viele oder mehr Stellen ausgeschrieben, in denen Arbeitgeber dafür warben, man könne den Job auch von zu Hause aus erledigen.
Wie schafft man es, aus Ruhepausen wirklich neue Energie zu ziehen? Die Psychologin Claudia Hammond sagt: Wir müssen nicht liegen oder schlafen, um auszuruhen. Sondern erkennen, wann wir ohnehin schon kleine Pausen machen - dann können wir aus ihnen auch Kraft schöpfen. Unsere Autorin hat Hammonds Ruhe-Tipps ausprobiert.
Entscheidend dafür ist den Forschern zufolge ein Kriterium, das sie "Digital Readiness" nennen, übersetzt etwa "digitale Vorbereitung". Vorbereitet sind demnach Länder, in denen es insgesamt einen guten Zugang zum Internet gibt. Trotz mancher Kritik am Breitbandausbau zählt den Forschern zufolge auch Deutschland dazu, weil die Anzahl der Internetanschlüsse pro Einwohner im internationalen Vergleich hoch ist. Als die Corona-Beschränkungen in Deutschland zum 1. Juli vergangenen Jahres weitgehend aufgehoben wurden - die landesweite Inzidenz lag damals bei 5,1 -, blieb die Zahl der angebotenen Home-Office-Jobs zunächst konstant und stieg in den folgenden Monaten noch weiter an. In Italien und Irland hingegen, wo die Internetversorgung insgesamt schlechter ist, ging das Angebot zurück. "Unsere Ergebnisse legen nahe, dass das Home-Office erhalten bleiben wird, insbesondere in digital gut entwickelten Ländern", schreiben die Forscher.
Wenn deren These richtig ist, dann ergeben sich daraus nicht nur für Unternehmen Konsequenzen: Sie müssen ihre Arbeitskultur langfristig anpassen und sich fragen, wie viele Büroräume sie zukünftig noch brauchen. Es stellen sich darüber hinaus auch Aufgaben für die Politik.
