Wie geeint die EU nach 16 Tagen Krieg ist
ProSieben
Handlungsschnell und entschlossen wie nie - so präsentiert sich die EU gern seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine. Doch ein Gipfel im königlichen Versailles zeigt: Die Spannungen unter den Mitgliedstaaten nehmen zu.
Mehr Waffen für die Ukraine, neue Sanktionen gegen Russland und demonstrative Tatkraft angesichts steigender Energiepreise: Bei einem zweitägigen Gipfeltreffen im französischen Versailles haben Kanzler Olaf Scholz und die anderen Staats- und Regierungschefs der EU versucht, sich als geeintes Bündnis zu präsentieren. Und tatsächlich, die furchteinflößende Politik von Kremlchef Wladimir Putin hat die 27 Länder zuletzt zueinander getrieben und umwälzende Entscheidungen im Rekordtempo ermöglicht.
Doch das zweitägige Gipfel-Treffen im Schloss von Versailles zeigte auch: Mit zunehmender Dauer des russischen Kriegs gegen die Ukraine wachsen die Spannungen zwischen den EU-Staaten. Vor allem Kanzler Scholz ist deutlich unter Druck. Wo steht die EU nach dem Krisengipfel?
Die EU bringt mit ihren westlichen Partnern ein viertes Sanktionspaket auf den Weg. Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird es unter anderem ein Verbot des Exports von Luxusgütern nach Russland enthalten. Auch sollen die normalen Handelsbeziehungen zu Russland ausgesetzt werden. Dabei soll Russland der Status als "meistbegünstigte Nation" bei der Welthandelsorganisation entzogen werden.
Das Meistbegünstigungsprinzip bedeutet, dass WTO-Mitglieder allen anderen Mitgliedern mit wenigen Ausnahmen den gleichen Zugang zu ihrem Markt einräumen müssen. Zölle können also in der Regel nicht willkürlich für ein bestimmtes Land höher angesetzt werden.
Eine der schärfsten Strafmaßnahmen gegen Russland wäre ein Importstopp für Öl, Gas und Kohle. Doch können sich die 27 EU-Staaten darauf weiter nicht einigen - unter anderem deshalb, weil Kanzler Scholz sich sperrt. Deutschland ist seiner Ansicht nach zu abhängig von russischer Energie. Die Sanktionen sollten jedoch möglichst geringe Auswirkungen auf die EU-Staaten selbst haben, sagte Scholz in Versailles. Österreichs Kanzler Karl Nehammer teilt diese Haltung: "Österreich kann jetzt nicht sagen: Wir verzichten auf russisches Erdgas. Wir brauchen es."
