Wer darf in die Rollen jüdischer Figuren schlüpfen?
DW
Dürfen jüdische Charaktere mit nicht-jüdischen Schauspielern besetzt werden? Der jüngste Streit betrifft Helen Mirren in der Rolle der israelischen Premierministerin Golda Meir.
Die jüdische britische Schauspielerin Maureen Lipman sorgte für Schlagzeilen, als sie öffentlich fragte, ob ihre Kollegin Helen Mirren die richtige Wahl für die Rolle der Golda Meir in einem Biopic über Israels erste Premierministerin sei. Mirren, Trägerin des Jüdischen Filmpreises 2015, die sowohl in den USA als auch in Großbritannien die wichtigsten Filmpreise erhalten hat, ist zwar eine gefeierte Schauspielerin - aber keine Jüdin. Für Lipman aber ist "das Jüdische in der Figur Golda Meirs ein wesentlicher Bestandteil" - und damit ist Helen Mirren in ihren Augen nicht die geeignete Besetzung für diese Rolle. Dürfen nichtjüdische Schauspielerinnen und Schauspieler jüdische Figuren spielen oder nicht - diese Debatte ist nicht neu.
Bereits 2019 unterzeichneten 20 jüdische Schauspieler und Dramatiker - darunter auch Lipman - einen offenen Brief, in dem sie die Besetzung der Londoner Aufführung des erfolgreichen Broadway-Musicals "Falsettos" kritisierten, in dem es um eine dysfunktionale jüdische Familie geht. Bis auf den Komponisten und den ursprünglichen Regisseur waren alle Beteiligten nicht jüdisch. Die Unterzeichner des Briefes warfen der Produktion "einen erschreckenden Mangel an kulturellem Feingefühl und schlimmstenfalls die offene Aneignung und Auslöschung einer Kultur und Religion vor, die sich zunehmend in einer Krise befindet".
Diese "Jewfacing"-Debatte ist ein weiterer Teil der großen Kontroversen um ethnische, kulturelle und gendergerechte Vielfalt in den Medien. Die zunehmende Sensibilisierung hat bereits zu wichtigen Veränderungen in Hollywood geführt - so gibt es etwa den ersten asiatischen Superhelden in einem Marvel-Film, "Shang-Chi und die Legende der zehn Ringe", der 2021 erschienen ist.
In den USA nahm das Thema im Oktober 2021 an Fahrt auf, als bekannt wurde, dass die erfolgreiche nicht-jüdische Schauspielerin Kathryn Hahn in einer Fernsehserie die 2014 verstorbene jüdischstämmige US-Komikerin Joan Rivers porträtieren würde. Hahn ist schon einmal in die Rolle einer Jüdin geschlüpft: Sie hatte in der beliebten Serie "Transparent" eine Rabbinerin dargestellt.
Dies wurde in den sozialen Medien und der Presse bin hin zum "Time Magazine" aufgegriffen und kommentiert. Die Komikerin Sarah Silverman erklärt in ihrem Podcast, warum Kathryn Hahn nicht die Richtige für die Rolle ist: Die Schauspielerin sei im Mittleren Westen katholisch erzogen worden - Joan Rivers aber als Kind jüdischer Einwanderer in Brooklyn.