
Wenn die Zeit gekommen ist
n-tv
Erlösende Finsternis, selbstzerstörerischer Hass und die Sehnsucht nach "dicken Titten": Nach einem wochenlangen Spannungstrip kommen Rammstein mit ihrem (wahrscheinlich) letzten Studioalbum "Zeit" um die Ecke.
Unter dem Banner der Vergänglichkeit metallisch galoppierend: Das neue und vielleicht finale Rammstein-Schaffen "Zeit" reibt sich mit Genuss an all den aufkochenden Gerüchten um die Zukunft der Urheber. Auffallend morbide und düster setzen kleine Sound-Nadelstiche große Emotionen frei. Der Hörer, insbesondere der eingefleischte Fan, fragt sich immer wieder: War's das jetzt? Ist Deutschlands Stadionrock-Export Nummer eins studiotechnisch am Ende angelangt?
Im von Synthieklängen dominierten Titeltrack scheint Till Lindemann die Richtung vorzugeben: "Aufhören, wenn's am schönsten ist / Die Uhren bleiben stehen", singt der Frontmann, der im kommenden Januar 60 Geburtstagskerzen anzünden darf/kann/muss. Ein paar Stakkato-Riffs und opulent arrangierte Industrial-trifft-Goth-Ausrufezeichen später erklingt in der Ferne ein vermeintliches "Kommando zurück!"-Signal: "Ich belüge sogar mich - Keiner glaubt mir - Niemand traut mir - Nicht mal ich", heißt es im finsteren Laut-leise-Monster "Lügen". Rammstein lassen sich alle Türen offen, auch wenn der Bezug nie wirklich transparent und klar wird.
Neben der Frage, wie es denn mit dem rrrrrollenden Krach-und-Spaß-Zirkus in Zukunft weitergeht, sorgt nicht mehr allzu viel für staunende Gesichter und spitze Ohren. Rammstein machen, was Rammstein eben so machen. Mal zart und mal hart pinkelt man der glattgebügelten Gesellschaft ans Bein und durchleuchtet dabei Kellerräume und Hinterhöfe, die bereits von jedem Unrat befreit wurden.
