Wenn die Gräfin auf die Zahlen schauen muss
n-tv
Eine Gräfin erzählt vom Alltag in einem Palazzo: Früher fanden an diesem Ort in Palermo rauschende Feste und pompöse Bälle statt. Heute heißt es neue Wege zu beschreiten, um Hab und Gut eines Tages an die nächste Generation zu vererben.
In einer Stadt wie Palermo sollte man sich ab und zu nur von den Geräuschen, den Gerüchen, den Bildern leiten lassen. Der Zufall ist nämlich oft der beste Wegweiser. Und aus purem Zufall kam es auch zum Treffen mit Gräfin Alwine im Palazzo Conte Federico. Die Gräfin ist eine gebürtige Salzburgerin, die sich von der Liebe verführen ließ und Anfang der 80er-Jahre jung und frisch verheiratet in der sizilianischen Hauptstadt landete. "Ich studierte damals in Wien und eines Tages kam von der österreichischen Botschaft die Einladung für einen Ball in Rom. Dort lernte ich meinen Mann kennen", erzählt sie ntv.de. Ihr Gemahl Conte Alessandro Federico stammt aus dem Adelsgeschlecht des Friedrich von Antiochia, ein unehelicher Sohn des deutschen Kaisers und Königs von Sizilien Friedrich II.
Der Palast liegt in der Altstadt zwischen den grandiosen Bauten des Palazzo Reale und dem lebhaften Wochenmarkt Ballarò, in dem man, umgeben von bunten Gemüseständen, reichhaltigem Fischangebot und den an Stangen hängenden Rinderköpfen, den Puls der Stadt spürt. Der Lotse für das Treffen mit der Gräfin war ein feuerroter, auf Hochglanz polierter Balilla Rennwagen aus dem Jahr 1935, der im Atrium des Palasts steht. Zwar ist er kein Familienwappen, aber immerhin so etwas wie ein Wahrzeichen. Denn schon der Großvater des jetzigen Grafen nahm an Wettrennen teil. Der Enkelsohn widmet sich dieser Leidenschaft seit 1954 und wartet, trotzt seines mittlerweile fortgeschrittenen Alters, schon ungeduldig auf das für Juni angesagte Rennen in Tunis, an dem er teilnehmen will.
Gräfin Alwine ist eine elegante Frau mit langem blonden Haar und hellen lächelnden Augen. "Palazzo Conte Federico gehört zu den fünf ältesten Adelspalästen der Stadt und rühmt sich sogar des letzten noch stehenden mittelalterlichen Turms", erzählt sie. "Der Palast wurde nämlich über den ehemaligen punischen Stadtmauern gebaut, denn dafür musste man keine Steuern zahlen." Sparen, wenngleich damals noch nicht notgedrungen, wollte man schon zu jener Zeit anscheinend.