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Wenn das Wasser nach Benzin schmeckt

Wenn das Wasser nach Benzin schmeckt

n-tv
Sunday, October 02, 2022 11:22:27 AM UTC

Bildung, das ist der Weg aus der Armut. So haben es Generationen verinnerlicht. Doch inzwischen ist das ein leeres Versprechen geworden, wie Gaia aus dem Roman "Das Wasser des Sees ist niemals süß" schmerzlich erfährt.

Es gibt unendlich viele Romanhelden und Romanheldinnen, die einen sofort für sich einnehmen, mit denen man am liebsten befreundet sein möchte. Und dann sind da die weniger sympathischen Figuren, die den Leserinnen und Lesern aber deshalb nicht mehr aus dem Kopf gehen, weil sie verstören und aufwühlen. Von so einer Protagonistin erzählt die italienische Autorin Giulia Caminito in ihrem Roman "Das Wasser des Sees ist niemals süß". Der Name der Hauptfigur lautet Gaia, übersetzt "die Fröhliche". Aber Gaia ist alles andere als das.

Zusammen mit drei Geschwistern wächst die Ich-Erzählerin als Tochter armer Eltern in den Nullerjahren in Italien auf. Sie schämt sich für die Verhältnisse, in denen sie lebt, für die Mittellosigkeit der Familie und beschreibt sich selbst als "das Mädchen mit den von der Mutter verschnittenen Haaren, das die Klamotten seines anarchistischen Bruders aufträgt". Der Vater ist seit einem Sturz auf der Baustelle, wo er schwarzgearbeitet hat, querschnittsgelähmt. Die Mutter geht putzen und versucht so resolut wie rücksichtslos die Familie zusammenzuhalten. Schon im ersten Kapitel lässt Caminito Gaia harte Worte über die Mutter sagen: "Ich richte über sie und vergebe ihr nicht."

Auch in Gesellschaft ihrer Freundinnen und Freunde ohne Geldsorgen fühlt sich Gaia eher unwohl und nicht richtig zugehörig: "Sie haben Mitleid mit meiner Bedürftigkeit oder genießen sie, weil Schenken ihnen ein Gefühl der Überlegenheit gibt." Nur einem einzigen Mädchen zeigt Gaia einmal ihr Zuhause und ihr Zimmer, in dem ein riesiger rosafarbener Plüschbär hockt, den sie beim Schießen auf dem Rummel gewonnen hat.

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