Weltmeister für die Jugend
Frankfurter Rundschau
Der DFB plant neben Rudi Völler mit einem weiteren Sportdirektor, der sich um den schwächelnden Nachwuchsbereich kümmern soll. Im Gespräch sind prominente Namen.
Noch wollen die Verantwortlichen beim FSV Mainz 05 nichts sagen, aber natürlich sind sie längst eingeweiht, dass ihre rot strahlende Arena am Europakreisel nicht nur fürs anstehende DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den FC Bayern München (Mittwoch, 20.45 Uhr/ARD) in den Mittelpunkt rückt. Ein Live-Übertragung im Free-TV zur Primetime winkt auch am 25. März, wenn die deutsche Nationalmannschaft hier wieder erstmals um die Gunst des Publikums buhlt. Das erste Länderspiel nach der auf allen Ebenen vermasselten WM soll gegen Peru in der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz stattfinden. Keine Stunde Autofahrt vom DFB-Campus in Frankfurt entfernt. Drei Tage später ist ein weiterer Test in Köln gegen Belgien geplant, zwar bei der WM ebenfalls früh verabschiedet, aber noch Weltranglistenvierter. Im langen Vorlauf bis zur EM 2024 geht es anfangs um einen Stimmungsumschwung, insofern ist es vielleicht nicht verkehrt, in zwei Karnevalshochburgen anzutreten. Verkündet wird das alles nach der DFB-Präsidiumssitzung am Freitag.
In dem Gremium wird zudem besprochen, welche Posten und Strukturen neben dem ausschließlich für die A-Nationalmannschaft und U21 zuständigen Sportdirektor Rudi Völler entstehen sollen. Denkbar ist eine Person nur für den Frauenbereich, wobei sich hier Joti Chatzialexiou anböte, der bislang als Sportlicher Leiter aller Nationalmannschaften fungiert. Der 46-Jährige hat bei der erfolgreichen EM in England einen engen Draht zu Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg aufgebaut und war das gesamte Turnier vor Ort. Im Gespräch ist ferner ein Sportdirektor, der sich explizit um den Nachwuchsbereich kümmert.
Drei Weltmeister stehen offenbar auf der Kandidatenliste: Benedikt Höwedes, 34, der bereits dem Teammanagement der DFB-Auswahl angehört. Sami Khedira, 35, der als Berater des VfB Stuttgart eng an dessen Vorstandschef Alexander Wehrle angebunden ist, der wiederum dem Aufsichtsrat der DFB GmbH & C. KG vorsteht. Und Per Mertesacker, 38, der seit 2018 die Nachwuchsakademie des FC Arsenal leitet. Alle stünden für einen jungen, unverbrauchten Blickwinkel.
Die Talentförderung, allen voran die zwar 2018 entworfene, aber in weiten Teilen nicht umgesetzte Reform „Zukunft Profifußball“, ist langfristiger noch wichtiger als die EM 2024 im eigenen Land. Auch Völler sieht gravierende Probleme „in sechs, acht, zehn Jahren“ fürs A-Team, wenn die Leistungsdefizite im U-Bereich voll durchschlagen. Der 62-Jährige findet es nicht fair, dafür alleine dem DFB die Schuld in die Schuhe zu schieben, auch die Vereine müssten sich an die eigene Nase fassen. Beispiel Bayer Leverkusen. „Wir haben in der Youth League jedes Spiel verloren.“ Ein Armutszeugnis für die einst so produktive Nachwuchsabteilung der Werkself.
In jener Youth League, parallel zur Champions League ausgetragen, kamen nur Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund weiter. Völler sagt überdies zum als Hoffnungsträger gehandelten Leverkusener Florian Wirtz: „So ehrlich müssen wir sein: Den hat der 1. FC Köln ausgebildet.“ Weitere Bundesliga-Jungstars wie Jude Bellingham (Dortmund) und Jamal Musiala (Bayern) hätten ihre Qualitäten der englischen Talententwicklung verdanken.