Weltklasse-Idee mit Griezmann beflügelt Frankreich
n-tv
Die Karriere von Antoine Griezmann schien in einer Sackgasse zu enden. Doch bei der Fußball-Weltmeisterschaft erlebt der einst erfolgreiche Stürmer eine erstaunliche Renaissance - in völlig neuer Rolle. Mit dieser mochte er sich zunächst nicht anfreunden.
Der Stürmer Antoine Griezmann hatte gute Zeiten. Bei der Heim-Europameisterschaft vor sechs Jahren erzielte kein Fußballer mehr Tore als er. Und beim WM-Erfolg vor vier Jahren in Russland erledigte er seine Aufgabe als Topscorer des Turniers ebenfalls auf herausragende Weise. Man hätte nun also annehmen können, dass er auch in Katar eine prominente Rolle in der französischen Offensive übernehmen würde. Und ja, das tut er auch, aber anders, als man das von einem Mann erwarten würde, der 42 Mal (in 116 Spielen) für sein Land getroffen hat.
Griezmann ist in den Tagen von Katar so auffällig, so präsent wie lange nicht. Mit Wucht befreit er sich aus der Sackgasse seiner Karriere und schubst sich als Protagonist selbst zurück auf die Weltbühne. Beim Halbfinalsieg gegen Marokko (2:0) wurde der mittlerweile 31-Jährige zum Spieler des Spiels gewählt. Zwar steht noch immer kein Tor in seinem Pflichtenheft, aber das ist auch längst nicht mehr sein Auftrag. Griezmann ist der Entwickler und nicht mehr der Monteur. Als malochender Zehner oder kreativer Achter ist er das Herz der Mannschaft von Trainer Didier Deschamps. Er ist Laufwunder, Raumverdichter, Pressingmaschine. Ein bisschen so wie Thomas Müller zu seinen besten Zeiten - und doch irgendwie ganz anders.
Der Plan, Griezmann aus der herausragend besetzten Offensive zurückzuziehen und ihn auf fremdem Terrain neu auszubilden, reifte offenbar bereits vor drei Jahren. Bei einem Abendessen in Island - Frankreich hatte dort einen schnöden Arbeitssieg gefeiert - soll Deschamps seinem Lieblingsschüler offenbart haben, dass er in ihm "einen sehr guten defensiven Mittelfeldspieler" sehe. Griezmann soll überrascht gewesen sein und nur müde gelächelt haben. Aber die Idee war kein Scherz, sie reifte und reifte und wuchs zur Weltklasse-Idee. Wenn Frankreich an diesem Sonntag gegen Argentinien um die Titelverteidigung kämpft, dann auch, mit und vor allem wegen Griezmann.