Wandert die deutsche Industrie in die USA ab?
DW
Die deutsche Wirtschaft will verstärkt in den USA investieren und neue Standorte bauen, denn dort lockt die Biden-Administration mit üppigen Subventionen. Welche Folgen hat das für den Standort Deutschland?
Firmen aus Deutschland lieben Amerika: Rund 5600 von ihnen investieren laut Angaben der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer in den US-Markt. Das entspricht einem Investitionsvolumen von fast 650 Milliarden US-Dollar (Stand: September 2022). Es sind nicht nur die großen Konzerne wie Siemens, Volkswagen oder Linde, die zurzeit ihr Engagement in den Vereinigten Staaten verstärken - zum Teil sogar mit komplett neuen Produktionsstätten.
"Dafür gibt es unterschiedliche Gründe", sagt Dirk Dohse, Experte für internationalen Wettbewerb am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) gegenüber der DW. "Ein Grund ist die Zunahme geopolitischer Spannungen. Die USA erscheinen vielen deutschen Firmen als 'sicherer Hafen'. Weitere Gründe sind die vergleichsweise niedrigen Energiepreise und die sehr großzügigen Subventionen im Rahmen des Inflation Reduction Act."
Der Inflation Reduction Act (IRA) ist ein milliardenschweres Subventionsprogramm der US-Rgierung um Präsident Joe Biden und - trotz des Namens - weniger der Inflationsbekämpfung, sondern vor allem dem Klimaschutz gewidmet. Von den rund 430 Milliarden Dollar, die der IRA-Topf insgesamt bereitstellt, sind 370 Milliarden für die Förderung CO2-sparender Technologien und der Energiesicherheit vorgesehen, der Rest soll in die Gesundheitsvorsorge fließen.
Die Subventionen und Steuergutschriften sind allerdings daran geknüpft, dass profitierende Unternehmen US-Produkte verwenden oder selbst in den USA produzieren. So erhält beispielsweise der Käufer eines amerikanischen Elektroautos, dessen Batterie ebenfalls in den USA hergestellt wurde, eine Prämie von rund 7500 Dollar. Windräder oder Solaranlagen mit US-Komponenten werden ebenfalls gefördert, akzeptabel aus amerikanische Sicht sind auch Vorprodukte aus Ländern, mit denen die USA ein Freihandelsabkommen haben - etwa Mexiko oder Kanada.
Durch die Förderpläne der US-Regierung im Rahmen des IRA gibt es beispielsweise bereits Verzögerungen oder drohende Stopps von Batteriewerken für Elektroautos in Deutschland - etwa bei Tesla in Grünheide bei Berlin oder dem schwedischen Unternehmen Northvolt, das eigentlich in Heide (Schleswig-Holstein) eine Fabrik errichten und nun wohl zunächst in den USA investieren will.