Vielleicht zu frei
Süddeutsche Zeitung
Robert Bly dichtete, blieb Außenseiter und versuchte den modernen Mann vor sich selber zu retten. Jetzt ist er mit 94 gestorben.
Der Tag begann mit ein paar Versen, das Schreiben fiel ihm leicht. "Er schaute hoch in einen Baum", sagt seine Tochter, "und verwandelte ihn in ein Gedicht." Tausende davon sind entstanden, dazu Übertragungen von Neruda bis Tranströmer und Trakl, aber berühmt geworden ist Robert Bly als Herold einer Bewegung, die den amerikanischen Mann vor sich selber retten wollte. Bly berief sich auf das Grimm'sche Märchen vom Eisenhans, der rostig auf dem Grund eines "tiefen Pfuhls" haust und doch ein unerlöster König ist. Diesen Mann wollte er wieder in seine Rechte eingesetzt haben, ihn in bester deutscher Therapiesprache befreien von der Unfähigkeit zu trauern.
