Ungarn: Was ist Orbans Ukraine-Problem?
DW
Seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine blockiert Ungarn immer wieder EU-Unterstützung für das Land. Das hat Tradition: Ungarns Nachbar ist seit langem Geisel von Viktor Orbans Innen- und Außenpolitik.
"Vetospiel", "außenpolitischer Tiefpunkt", "Amoklauf" - das sind nur einige der Worte, mit denen unabhängige ungarische Medien in diesen Tagen das Veto von Ungarns Premier Viktor Orban gegen die EU-Finanzhilfe für die Ukraine kommentieren. Die Wochenzeitung HVG fragt sich: "Was ist eigentlich das Problem der Orban-Regierung mit dem Ukraine-Kredit?"
Schon seit längerem stand die Frage im Raum, ob Ungarn sein Veto gegen den 18-Milliarden-Euro-Kredit der EU für die Ukraine einlegt. Bis zum Schluss hatten viele europäische Politiker gehofft, dass der ungarische Premier nur bluffen würde. Doch am Dienstag (6.12.2022) machte Orban seine Drohung dann wahr - und ließ das Finanzpaket in Brüssel blockieren. Kurz darauf behauptete er in einem Tweet, es gebe kein ungarisches Veto: "Das sind Fake News. Kein Veto, keine Erpressung." Ungarn sei bereit, so Orban, die Ukraine auf bilateraler Basis zu unterstützen.
Ob echtes Veto oder nicht - die ungarische Blockade der EU-Finanzhilfe für die Ukraine ist der neueste Tiefpunkt eines schon seit langem problematischen Verhältnisses zwischen Ungarn und seinem Nachbarn. Vor allem seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine gab es solche Tiefpunkte immer wieder: Orban und seine Regierung zögerten nach dem 24. Februar, die russische Aggression zu verurteilen und als völkerrechtswidrig zu bezeichnen. Bis heute spricht Orban von einem "russisch-ukrainischen Krieg". "Das ist nicht unser Krieg", betont Orban immer wieder und sagt, es gehe um einen "Streit, den die betroffenen Seiten selbst miteinander austragen" sollten.
Jüngst sagte er, Ungarn sei daran interessiert, dass es "zwischen Russland und Mitteleuropa einen souveränen Staat gibt, den wir der Einfachheit halber jetzt Ukraine nennen". Kurz darauf zeigte er sich bei einem Fußball-Spiel der ungarischen Nationalmannschaft mit einem Schal, auf dem die Umrisse des einstigen Großungarn zu sehen waren - zu dem bis 1918 auch Gebiete der heutigen Ukraine gehörten.
Die EU-Sanktionen gegen Russland trug Ungarn zwar bisher überwiegend mit - nur gegen eine geplante Sanktionierung des Patriarchen der Russisch-Orthodoxen Kirche, Kyrill, der ein notorischer Kriegshetzer ist, legte Budapest erfolgreich sein Veto ein. Allerdings handelte Orban weitreichende Ausnahmen für sein Land aus, etwa beim Boykott russischen Erdöls. Zudem verurteilt er die Sanktionen immer wieder scharf - derzeit läuft in Ungarn eine offizielle Kampagne, in der die Budapester Regierung die EU beschuldigt, Ungarns Wirtschaft durch die antirussischen Sanktionen zu zerstören. Waffenlieferungen an die Ukraine lehnt Orban ohnehin ab, ungarisches Territorium hat er für Waffentransporte in die Ukraine sperren lassen.