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Unbeliebte Aufklärer

Unbeliebte Aufklärer

Süddeutsche Zeitung
Saturday, January 29, 2022 08:20:07 AM UTC

Die Münchner Kanzlei untersucht seit Jahren Missstände in der katholischen Kirche. Mal geht es um sexuellen Missbrauch, mal um Finanzen. Die Ergebnisse gefallen vielen Beteiligten nicht.

"Wir müssen alles dafür tun, dass dieser Skandal aufgearbeitet wird." Das hatte Kölns Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki der SZ am 17. Februar 2020 gesagt. Und noch eine kleine Sensation verkündet: "Wir lassen jetzt unabhängig durch eine Münchner Anwaltskanzlei alle Akten aufarbeiten, die uns zur Verfügung stehen. Diese Anwaltskanzlei wird am 12. März in einer Pressekonferenz ihre Ergebnisse vorstellen. Auch ich werde diese Ergebnisse erst dort erfahren."

Beauftragt hatte Woelki die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl - dieselbe Kanzlei, die nun auch das Missbrauchsgutachten für die Erzdiözese München und Freising geschrieben hat. Zwei führende Köpfe der Münchner Kanzlei WSW sind Marion Westpfahl, eine frühere Staatsanwältin und Richterin, sowie Ulrich Wastl, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Aufgefallen ist die Kanzlei seit Jahren vor allem wegen ihrer Aufklärungsarbeit im Auftrag der katholischen Kirche; schon das erste Missbrauchsgutachten für die Münchner Erzdiözese, 2010 fertiggestellt, stammte von ihr.

Kardinal Marx nennt es seine "größte Schuld" und "unverzeihlich", die Betroffenen von Missbrauch übersehen zu haben. Das soll wohl heißen: Ich habe verstanden. Aber das reicht nicht - jetzt nicht mehr.   Kommentar von Bernd Kastner

Die Anwältinnen und Anwälte haben dabei erlebt, dass sich Aufklärer oft unbeliebt machen. Die vom Kölner Erzbischof Woelki angekündigte Pressekonferenz zu den Untersuchungsergebnissen wurde denn auch verschoben und Ende 2020 ganz abgesagt. Die Münchner Kanzlei, hieß es damals im Erzbistum Köln zur Begründung, sei "wiederholt an ihrem Versprechen gescheitert, eine umfassende Aufarbeitung der Ereignisse und persönlichen Verantwortlichkeiten ... zu erreichen".

Woelki beauftragte stattdessen den Kölner Strafrechtler Björn Gercke mit einem neuen Gutachten, das dieser im März 2021 vorlegte. Woelki löste mit seinem Vorgehen eine beispiellose Vertrauenskrise im Erzbistum Köln aus. Aber nicht weil das neue Gutachten gefälliger ausgefallen wäre - das Gercke-Gutachten führte immerhin zur Entlassung des Kölner Offizials und zur Suspendierung zweier Weihbischöfe.

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