UN beklagen kriegsähnliche Zustände in Haiti
DW
Haiti versinkt zunehmend in einem Sumpf der Bandenkriminalität. In einem UN-Bericht heißt es, die Unsicherheit in der Hauptstadt sei vergleichbar mit der in einem Kriegsgebiet. Dort gab es einen mehrfachen Lynchmord.
Der Bericht von UN-Generalsekretär Guterres Antonio weist darauf hin, dass in der Hauptstadt Port-au-Prince in den ersten drei Monaten dieses Jahres 815 Menschen getötet worden seien - 21 Prozent mehr als im letzten Quartal 2022. Die Zahl der Entführungen sei sogar um 63 Prozent auf 637 gestiegen.
Verantwortlich für die wachsende Gewalt in Haiti seien rivalisierende Banden. Bewaffnete Gangs "wetteifern weiterhin um die Ausweitung ihrer territorialen Kontrolle im gesamten Stadtgebiet von Port-au-Prince und breiten sich auf bisher nicht betroffene Stadtteile aus", schreiben die Autoren. Zusammenstöße zwischen Banden und mit der Polizei seien "gewalttätiger und häufiger geworden" und forderten viele zivile Opfer. "Die Bevölkerung von Haiti leidet nach wie vor unter einer der schlimmsten Menschenrechtskrisen seit Jahrzehnten und einer großen humanitären Notlage."
In dem Dokument wird insbesondere auf die katastrophale Lage der Bewohner von Cite Soleil am Hafen der Hauptstadt hingewiesen, wo Scharfschützen von Dächern aus auf Passanten auf der Straße schießen würden. "Die Einwohner fühlen sich belagert. Sie können ihre Häuser aus Angst vor bewaffneter Gewalt und dem Terror der Banden nicht mehr verlassen", erklärte der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe in Haiti in einer separaten Erklärung. Allein zwischen dem 14. und 19. April seien bei Zusammenstößen zwischen rivalisierenden Banden fast 70 Menschen getötet worden, darunter 18 Frauen und mindestens zwei Kinder, erklärte er.
Derweil wird aus der Hauptstadt ein krasser Fall von sogenannter Lynchjustiz gemeldet. Eine aufgebrachte Menschenmenge habe mindestens zehn mutmaßliche Bandenmitglieder getötet, teilte die Polizei mit. Nach Berichten lokaler Medien gab es sogar 14 Todesopfer. Polizisten hatten zuvor im Stadtteil Canape Vert einen Minibus mit bewaffneten Männern angehalten und Waffen, Patronen und Mobiltelefone beschlagnahmt. Danach hätten Passanten die Männer in ihre Gewalt gebracht und getötet.
In Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, dass den Leichen Autoreifen übergestülpt wurden, die mit Benzin übergossen und angezündet wurden. Die festgenommenen Männer sollen auch Munition transportiert haben. "Zündet sie an" und "Wir bringen sie um" sollen aufgebrachte Anwohner gerufen haben, als sie die Insassen des Busses erblickt hatten.