Ukraine-Krieg bremst Luftfahrt-Neustart aus
DW
Gerade noch auf Erholungskurs nach Corona, gerät die Luftfahrtbranche in neue Turbulenzen - ausgelöst durch die Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine. Die massiven Auswirkungen zeichnen sich schon jetzt ab.
Die Luftfahrt-Sanktionen der EU gegen Russland wirbeln die Flugbranche kräftig durcheinander. Nicht nur die Verbindungen nach Russland fallen nach der Sperrung des russischen Luftraums für Airlines aus der EU weg. Vor allem die Flüge nach China und zu anderen Zielen in Fernost sind betroffen. Weil Russland nicht mehr überflogen werden darf, müssen Passagier- und Frachtflüge nach Asien auf südlichere Routen ausweichen.
Was das bedeutet, rechnet der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt im Interview mit der DW vor: "Die Strecke München - Seoul zum Beispiel verlängert sich auf der Südroute über Kasachstan, Armenien, Georgien und das südliche Schwarze Meer um rund 1200 km, die Flugzeit um eine Stunde und 20 Minuten. Das bedeutet Mehrkosten pro Flug von 10.000 Euro und mehr, die die Airlines aber nicht an die Passagiere überwälzen können."
Bis vor kurzem hatte die Lufthansa-Gruppe, zu der Fluglinien wie Eurowings oder Swiss gehören, "ein starkes Reisejahr" prognostiziert und mit einem Sommergeschäft in Europa fast auf Vorkrisenniveau gerechnet. "Wir sind sehr sicher, dass der Luftverkehr in diesem Jahr einen starken Aufschwung erleben wird", erklärte Vorstandschef Carsten Spohr bei der Vorstellung der aktuellen Konzernzahlen am 3. März.
Die von Analysten erhoffte Prognose, dass Lufthansa nach zwei Jahren Krise wieder schwarze Zahlen schreiben wird, blieb allerdings aus. Stattdessen kündigte der Konzern steigende Ticketpreise an. Die Unsicherheiten rund um den Ukraine-Krieg und der weitere Pandemieverlauf ließen "einen detaillierten Finanzausblick momentan nicht zu", erklärte der Konzern.
Die Lufthansa ist mit ihrem starkem Asiengeschäft von den Folgen des Ukraine-Kriegs ebenso stark betroffen wie British Airways und Air France/KLM, betont Großbongardt. "Sie leiden natürlich heftig, aber am stärksten betroffen ist die Finnair. Sie hat Helsinki sehr erfolgreich zum Sprungbrett nach Asien ausgebaut. Aus dem geografischen Vorteil ist jetzt ein ganz bitterer Nachteil geworden, denn Ziele wie Shanghai und Tokio sind jetzt selbst mit der A350 kaum noch erreichbar", erklärt Großbongardt.