Ukraine-Konflikt: Putins Geiseln
Frankfurter Rundschau
Dem imperialen Machtstreben des russischen Präsidenten fallen viele Menschen zum Opfer – in der Ukraine, aber auch im eigenen Land.
Moskau/Kiew – Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach der Annexion der Krim vor acht Jahren und der Entsendung russischer Soldaten und „Freiwilligen“-Einheiten zur Eroberung von Teilen der Ostukraine erneut seinen souveränen Nachbarn angegriffen. Er tut das in vollem Bewusstsein und in Erwartung scharfer Reaktionen aus dem Westen.
Die am Dienstag (22.02.2022) von Berlin und der EU angekündigten Sanktionen schrecken den Kreml nicht. Putins Bereitschaft, dem eigenen Land zu schaden, ist größer, als westliche Regierungen nachvollziehen können. Die Stärke des Autokraten ist seine Gleichgültigkeit gegenüber seinem eigenen Volk. Die Propaganda verkauft das als Opferbereitschaft – eine sowjetische Tradition.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj versuchte auch am Dienstag (22.02.2022), den Konflikt einzudämmen. „Wir glauben daran, dass es keinen großen Krieg gegen die Ukraine geben wird“, sagte er. Mit Blick auf das russische Waffenarsenal, das nicht nur an der Grenze zur Ukraine steht, sondern sich auch schon in der Ukraine befindet, wirkt dieser Glaube unbeholfen.
Dennoch handelt Selenskyj klug. Bislang hat Kiew Moskau keinen Vorwand für einen großflächigen Krieg geboten, wie das 2008 in Georgien geschah. Moskau hatte den damals amtierenden Präsidenten Micheil Saakaschwili so lange gereizt, bis er Putin einen Anlass zum Einmarsch lieferte.
Auch Selenskyjs Ankündigung, die Beziehungen zu Russland abzubrechen, ist vernünftiger, als sein Land in einen noch größeren Krieg zu führen. Doch auch das nützt nichts, wenn Putin eigentlich weitreichende Eroberungspläne verfolgt.