
Ukraine aktuell: Totalausfall russischer Gaslieferungen befürchtet
DW
Der Chef der Bundesnetzagentur bereitet die Deutschen auf schmerzhafte Energieeinsparungen vor. Der ukrainische Präsident erhebt schwere Vorwürfe gegen Moskau. Ein Überblick.
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der Sanktionen des Westens gegen Moskau fürchtet die Bundesnetzagentur einen Totalausfall der Gaslieferungen aus Russland. Die Frage sei, ob aus der bevorstehenden regulären Wartung der Gaspipeline Nord Stream 1 eine "länger andauernde politische Wartung" werde, sagte Netzagentur-Chef Klaus Müller den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Falls der Gasfluss aus Russland "politisch motiviert länger anhaltend abgesenkt wird, müssen wir ernsthafter über Einsparungen reden".
Die zwölf Wochen bis zum Beginn der Heizsaison müssten genutzt werden, um Vorbereitungen zu treffen, mahnte Müller. Er appellierte an alle Haus- und Wohnungsbesitzer, ihre Gasbrennwertkessel und Heizkörper rasch zu überprüfen und effizient einstellen zu lassen. Dies könne den Gasverbrauch um zehn bis 15 Prozent senken, sagte der Behördenchef. "Das muss jetzt passieren und nicht erst im Herbst."
Zugleich warnte Müller vor falschen Akzenten beim Energiesparen. "Die Krisensituation bezieht sich auf Gas - und nicht auf Strom", sagte er. Deutschland stehe nicht vor einer Stromlücke. "Wir haben auch keine Mangellage bei Benzin und Öl. Das ist alles verfügbar. Ich werbe dafür, den Blick auf Gas zu fokussieren." Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte vor gut einer Woche wegen der gedrosselten russischen Lieferungen die zweite Krisenstufe im Notfallplan Gas, die sogenannte Alarmstufe, ausgerufen.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) warnte davor, die drastischen Preisanstiege bei Gas unmittelbar an Privatkunden weiterzugeben, und verlangte Gesetzesänderungen. "Die Preissteigerungen sind für viele Menschen kaum noch zu schultern", sagte der Leiter des Teams Energie und Bauen beim vzbv, Thomas Engelke, der Zeitung "Rheinische Post".
Unterdessen dauern die Kämpfe im Kriegsgebiet unvermindert an. Im Osten und Süden der Ukraine wurden Stellungen entlang der Frontlinie von russischen Truppen mit Artillerie beschossen. Im Bericht des ukrainischen Generalstabs werden Dutzende Orte in den Gebieten Charkiw, Donezk, Luhansk, Saporischschja, Mykolajiw und Cherson genannt. Vereinzelt seien auch Angriffe von Flugzeugen und Hubschraubern geflogen worden, hieß es. Ukrainische Einheiten hätten einen russischen Angriff bei einem Gelatine-Werk bei der Industriestadt Lyssytschansk im Gebiet Luhansk abgewehrt.
