Ukraine aktuell: Offensive verzögert sich
DW
Für eine Gegenoffensive fehle noch Material, erklärt Präsident Selenskyj. Bundespräsident Steinmeier beklagt zerstörte Sicherheitsordnung in Europa. Veränderte Lage in Bachmut. Ein Überblick.
Die ukrainische Armee zögert den Start ihrer angekündigten Gegenoffensive gegen die russischen Besatzungstruppen noch etwas hinaus, weil noch nicht alle versprochenen Militärfahrzeuge eingetroffen sind. Mit dem Material, das schon da sei, könne die Ukraine zwar angreifen und auch Erfolg haben, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem BBC-Interview. "Aber wir würden viele Menschen verlieren. Ich finde, das ist inakzeptabel", sagte Selenskyj. "Deshalb müssen wir warten. Wir brauchen noch etwas Zeit." Konkret nannte der Staatschef gepanzerte Fahrzeuge, die noch nicht eingetroffen seien.
In seiner nächtlichen Videoansprache machte der Präsident seinen Landsleuten Mut. Mit ausländischer Unterstützung würden die russischen Besatzer aus dem Land vertrieben. "Wir werden dem Feind nicht ein einziges Stück unseres Landes überlassen - die Tyrannei wird nirgendwo herrschen." Schon jetzt werde in der Ukraine der Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes vorbereitet, sagte Selenskyj. "Wir müssen Freiheit, Sicherheit und Europa in das gesamte ukrainische Land zurückbringen."
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht die europäische Sicherheitsordnung auf Dauer zerstört. Es gebe sie nicht mehr, sagte Steinmeier in einem Interview der deutschen Landesrundfunkanstalt rbb. Grund sei allein der russische Überfall auf die Ukraine. "Und die Prognose, die ich für die nähere Zukunft habe, die hören nicht alle gerne." Auch ein Ende des Ukraine-Kriegs bedeute keine Rückkehr in die alte Sicherheitsphilosophie. Es werde eine neue Situation geben, in der sich "Europa auf der einen Seite, Russland auf der anderen Seite zunächst einmal voreinander schützen", sagte das deutsche Staatsoberhaupt. Die Philosophie einer gemeinsamen Sicherheit werde auf lange Sicht nicht mehr das gemeinsame Konzept sein. "Das ist bedauerlich, und ich bedaure das mit vielen, aber das ist Folge dieses Überfalls auf die Ukraine."
Russische Truppen haben sich nach Angaben des Befehlshabers der ukrainischen Bodentruppen, Oleksandr Syrskyj, aus einigen Gegenden der seit Monaten heftig umkämpften Stadt Bachmut zurückgezogen. Demnach sind die russischen Truppen in der östlichen Region Donezk an einigen Stellen der Front um bis zu zwei Kilometer zurückgefallen. "Unsere Verteidigungskräfte halten die Front und hindern den Feind am Vormarsch", erklärte Generalobert Syrskyj. Er fügte hinzu, dass seine Truppen rund um Bachmut Gegenangriffe starteten.