Teures Wohnen in Darmstadt: Enteignung und Mietendeckel gefordert
Frankfurter Rundschau
Jusos, Fridays for Future und Grüne Jugend wenden sich gegen immer höhere Mieten in Darmstadt. Jede:r Fünfte in der Stadt zahlt mehr als die Hälfte seines Einkommens für Miete.
Darmstadt ist die Nummer eins der Großstädte, in denen „die meisten Menschen mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Miete ausgeben“. Dies ergab eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die bereits im vorigen Sommer erschien. Jetzt geriet das Thema in die sozialen Medien und veranlasste mehrere Darmstädter Jugendorganisationen, sich an die Öffentlichkeit zu wenden.
„Darmstadt wird mehr und mehr zu einer Stadt für Reiche und Wohnen zu einem Luxusgut“, schreiben die Jungsozialisten. Prozentual geben Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen am meisten für ihre Miete aus. Die Politik des Magistrats, etwa den Marienplatz an einen Spekulanten zu verkaufen anstelle des Bauvereins, befördere den Mietanstieg, statt ihn zu stoppen. Dazu gehöre, „Bauflächen ausschließlich an den Bauverein zu verkaufen, einen Mietendeckel einzuführen und Enteignungen durchzuführen“, so Juso-Vorsitzender Rodan Zeybek. Fridays-for-Future fordert: „Wir brauchen eine Gebäudewende, um der Klimakrise auch auf lokaler Ebene zu begegnen.“ Dies könne keinesfalls auf den Rücken der Mieterinnen und Mieter ausgetragen werden, sagt Sprecherin Selma Hieke. Die Mieten in Darmstadt explodierten, die notwendige Transformation zum klimagerechten Gebäudesektor werde verschlafen. So habe der Bauverein immer noch nicht seinen Sanierungsfahrplan für 2035-Klimaneutralität veröffentlicht.
Und die Grüne Jugend (GJ) betont, es müsse neuer, bezahlbarer Wohnraum her. Dazu brauche es eine Ausweitung der Fördermittel, eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit und ein soziales Bodenrecht. „Bund, Länder und Städte müssen sich ihrer Verantwortung als Anbieter günstiger, öffentlicher Wohnungen bewusst werden“, sagt GJ-Sprecherin Luisa Heim.
Bei der Stadt sieht man sich mit Verweis auf das 2019 erarbeitete „Wohnungspolitische Konzept“ gut aufgestellt. So trage Darmstadt weit mehr als andere Gebietskörperschaften zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums bei, teilte Bürgermeisterin und Wohnungsdezernentin Barbara Akdeniz (Grüne) auf FR-Anfrage mit. Durch die Bemühungen zur Erlangung neuer Belegungsbindungen für Sozialwohnungen seien zum Beispiel 2019 Bindungen für 129 Sozialwohnungen und im Jahr 2020 insgesamt 269 Belegungsbindungen geschaffen worden. Auch habe die Stadt ihren Wohnungsbestand entgegen dem Bundestrend nicht an private Investor:innen veräußert, sondern an die städtische Tochter Bauverein AG abgegeben.
Bereits 2017 habe man einen „Quotenbeschluss zum sozial geförderten Wohnungsbau für den Neubau“ beschlossen, wodurch 25 Prozent neuen Wohnraums für Haushalte mit geringen Einkommen und 20 Prozent für Haushalte mit mittleren Einkommen zu errichten sind.