Tatjana Maria verpasst Wimbledon-Finale
DW
Im Halbfinale endet das Wimbledon-Märchen für Tatjana Maria: Die 34 Jahre alte Deutsche verliert das "Familienduell" gegen die an Nummer drei gesetzte Ons Jabeur aus Tunesien.
Am Ende des Matches wurde es noch einmal emotional: Ons Jabeur hatte soeben ihren Matchball zum 6:2, 3:6, 6:1-Erfolg gegen die Deutsche Tatjana Maria verwandelt. Nach einer langen Umarmung am Netz und dem obligatorischen Handschlag mit dem Schiedsrichter nahm Jabeur Maria an die Hand und führte sie unter dem Applaus der Menge in die Mitte des Centre Courts von Wimbledon. Ein Zeichen des Respekts zwischen zwei Freundinnen, die weit mehr verbindet als nur das Tennis.
"Ich wollte unbedingt diesen Moment mit ihr teilen, da sie so eine große Inspiration für mich und viele andere Spielerinnen ist," sagte Jabeur nach dem Spiel. "Sie ist als zweifache Mutter ins Wimbledon-Halbfinale gekommen, ich weiß immer noch nicht, wie sie das gemacht hat."
Das Spiel war am Ende eine sehr deutliche Angelegenheit. Maria gelang es nicht, beständig die Leistung abzurufen, mit der sie es in die Runde der letzten Vier beim prestigeträchtigsten Tennisturnier der Welt geschafft hatte. Nach verlorenem ersten Satz kämpfte sie sich zwar im zweiten Durchgang noch einmal heran, doch der dritte Satz war eine klare Sache für Jabeur, die nach 1:42 Stunden ihren zweiten Matchball verwandelte.
Es war ein ganz besonderes Spiel für beide Kontrahentinnen. Tatjana Maria und ihre Familie mit den zwei Töchtern Charlotte und Cecilia verbindet eine innige Beziehung zur tunesischen Weltklassespielerin, die sie liebevoll "Tante Ons" nennt. "Wir kennen uns seit Ewigkeiten, sie liebt die Kinder", beschrieb die zweifache Mutter Maria das im Profisport außergewöhnliche Verhältnis zur Weltranglisten-Zweiten. "Sie sieht meine Kinder fast als ihre Kinder an, deswegen ist sie eigentlich Teil unserer Familie. Wenn sie Charlotte sieht, spielt sie mit Charlotte Tennis. Wenn sie Ceci sieht, ist das ihr Baby. Wir verstehen uns mega."
Jabeur hatte sogar augenzwinkernd versucht, Marias Kinder vor dem Halbfinalspiel für sich zu gewinnen. "Ich habe schon mit Charlotte gescherzt: Wirst du mich unterstützen oder deine Mama? Ich versuche, die Kids auf meine Seite zu ziehen", sagte die Tunesierin lachend. Trotz des Ausscheidens ist der Halbfinaleinzug Marias ein Erfolg, den man nicht hoch genug bewerten kann. Als gerade einmal 20-jährige erlitt Maria 2008 beim Turnier in Indian Wells eine Lungenembolie, schwebte kurzzeitig sogar ins Lebensgefahr und musste monatelang pausieren. Nur ein Jahr später erlitt sie den nächsten Schicksalsschlag, als ihr Vater Heinrich an Krebs verstarb.