Türkei-Wahl: Wirtschaft, die gemeinsame Sorge
DW
Die wirtschaftliche Lage belastet in der Türkei so gut wie jeden schwer. Das könnte bei den Wahlen am 14. Mai entscheidend sein. Ein Stimmungsbericht aus drei türkischen Städten.
Die Türkei hat über 20 Jahre Erdogan hinter sich. Ob noch weitere fünf hinzukommen, wird sich am 14. Mai entscheiden. An diesem Tag werden die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei abgehalten. Umfragen zufolge hat die Opposition nach Jahren zum ersten Mal die realistische Chance, gegen den amtierenden Präsidenten einen Sieg zu erzielen.
Die anhaltende Wirtschaftskrise könnte zu einer möglichen Niederlage Erdogans einen erheblichen Beitrag leisten. Die Wirtschaft befindet sich seit Jahren im Absturz und es geht den Türken nicht mehr so gut wie früher. Besonders die extrem hohe Inflation trifft Menschen massenhaft, weil Produkte des täglichen Bedarfs immer unbezahlbarer werden. Während die Jahresinflation laut offiziellen Angaben bei 43 Prozent liegt, liegt sie laut den Berechnungen der Unabhängigen Forschungsgruppe Inflation (Inflation Research Group - ENAG) bei circa 105 Prozent. Ein Hinweis darauf, dass die türkischen Behörden die Zahlen beschönigen. Auch die türkische Lira verlor in den letzten Jahren gegenüber dem Euro und dem US-Dollar zunehmend an Wert: Musste man für einen Euro im Jahr 2014 circa 2,90 Lira bezahlen, so sind es heute circa 21,50 Lira.
Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise spüren die Menschen überall in der Türkei - auch in den konservativen Städten des Landes. Viele bleiben aber trotzdem ihrem Staatspräsidenten treu: Ein Taxifahrer aus der mittelanatolischen Stadt Konya sagte im Gespräch mit der DW, er werde auch in dieser Wahl Erdogan wählen, auch wenn es ihm wirtschaftlich nicht gut gehe. Viele wirtschaftliche Projekte, unter anderem das neue türkische E-Auto "TOGG" fände er gut. Er wirft der Opposition vor, sich nicht hinter der Regierung zu stellen. "Wenn die Opposition diese Projekte nicht nur kritisieren, sondern ein bisschen unterstützen würde, würden sie vielleicht auch mehr Stimmen bekommen", so der Taxifahrer.
Das größte Problem für die Menschen ist auch in Konya die wirtschaftliche Lage. In einer Januar-Umfrage der lokalen Denkfabrik DOUSAM betrachteten über 73 Prozent der dort Befragten die Entwicklung der Wirtschaft in den vergangenen Jahren als negativ - optimistisch sind nur etwa 16 Prozent. Viele Bewohner Konyas beklagen sich beispielsweise darüber, wie schwer es ist, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Auch die Beschwerde, dass der Stadt eine U-Bahn fehle, hört man von vielen.
Besonders für junge Menschen spielt die Wirtschaft eine entscheidende Rolle: Aus der DOUSAM-Umfrage geht hervor, dass für Menschen zwischen 18 und 41 Jahren die größten Probleme die Inflation und die daraus resultierenden hohen Lebenshaltungskosten sind. Im Gespräch mit der DW erzählt ein junger Mann aus Konya, dass er zum Studieren in die Stadt kam. Der Mann, der anonym bleiben will, erzählt, dass seine finanziellen Probleme in der letzten Zeit immer weiter zugenommen haben - ein Faktor, der vermutlich bei seiner Wahlentscheidung eine Rolle spielen wird.