Steht das deutsch-polnische Geschichtsbuch vor dem Aus?
DW
Das gemeinsame Geschichtsschulbuch sollte die Freundschaft zwischen Polen und Deutschen besiegeln. Der letzte Band ist seit zwei Jahren fertig - bis jetzt ohne polnische Zulassung. Ist das Projekt am Ende?
Den Anfang machten vor fast zwei Jahrzehnten Deutsche und Franzosen: 2006 erschien in beiden Ländern der erste Band eines gemeinsamen Schulbuchs, in dem deutsche und französische Gymnasiasten die Nachkriegsgeschichte beider Länder aus beiden Perspektiven kennen lernen können. Kurz darauf brachte der damalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Idee eines deutsch-polnischen Geschichtsschulbuches ins Gespräch.
In einer Rede zur Eröffnung des Studienjahres an der Viadrina-Universität in Frankfurt/Oder im Herbst 2006 sagte der deutsche Chefdiplomat: "Vielleicht ist es nicht unmöglich, mittelfristig auch ein gemeinsames deutsch-polnisches Geschichtsbuch zu erarbeiten, das uns hilft, uns gegenseitig besser zu verstehen."
"Mit diesem Projekt", so Steinmeier weiter, "könnten wir Deutsche deutlich machen, dass wir offen sind für polnische Sichtweisen auf die Geschichte". Viele Deutsche würden es "als Bereicherung empfinden, diese Sichtweise besser kennen zu lernen und mehr aus der polnischen Geschichte zu erfahren".
Doch der Vorschlag kam zu ungünstiger Zeit: In Polen regierten die Nationalkonservativen mit Jaroslaw Kaczynski an der Spitze, die den Deutschen misstrauten und auf den Vorstoß aus Berlin äußerst skeptisch reagierten. Erst der Machtwechsel in Warschau im Herbst 2007 brachte die Wende.
Der damals neue polnische Außenminister Radoslaw Sikorski gab grünes Licht für das Schulbuchprojekt. Zusammen mit Steinmeier kündigte er im Mai 2008 den Beginn der Arbeiten an. Starker Partner beider Regierungen wurde die Gemeinsame Deutsch-Polnische Schulbuchkommission, die seit 1972 deutsche und polnische Schulbücher von einseitigen und nationalistischen Inhalten säubert.