Spionage-Thriller: "München - Im Angesicht des Krieges"
DW
Hätte man Hitler 1938 stoppen können? Der Netflixfilm "München - Im Angesicht des Krieges" geht der Frage nach. Jeder könne die Geschichte beeinflussen, sagt Hauptdarsteller Jannis Niewöhner.
Die Geschichte geht nicht gut aus. Das wird dem Großteil der Zuschauer gleich zu Beginn klar sein, schließlich ist historisch belegt, dass Adolf Hitlers vernichtende Expansionspolitik weder gestoppt wurde, noch fiel er gar einem Attentat zum Opfer. Dennoch ist "München - Im Angesicht des Krieges" ein fesselndes Seh-Vergnügen dank kluger Dialoge, detailtreuem Szenenbild und überragender Schauspielleistung. Und universellen Fragen: Was kann ein Einzelner tun, wenn die Welt um ihn herum verrückt spielt? Wie weit würde man selbst gehen?
"Ich glaube, dass jeder Mensch die Geschichte beeinflussen kann", sagt der deutsche Schauspieler Jannis Niewöhner, der in dem Thriller eine der Hauptrollen spielt, im Gespräch mit der DW. Wie schwer das sei und welche Kräfte dagegen wirkten, könnten die Zuschauerinnen und Zuschauer an der fiktiven Figur Paul von Hartmann ablesen, die er verkörpert. Der Diplomat arbeitet als überzeugter Nationalist im deutschen Außenministerium. Doch mit einem Mal wird ihm die Gefahr, die von Hitler ausgeht, bewusst. "Ihm scheint es in der Geschichte letztendlich unmöglich, entschieden zu handeln und trotzdem verliert er den Glauben daran nicht. Das ist die wichtigste Botschaft."
Die Netflix-Neuerscheinung behandelt das Münchner Abkommen von 1938, unterzeichnet von den Regierungschefs Neville Chamberlain, Adolf Hitler, Edouard Daladier und Benito Mussolini. Es beendete die Sudentenkrise, ein von den Nationalsozialisten provozierter internationaler Konflikt. Hitler pochte damals darauf, die tschechoslowakischen Sudentengebiete der dortigen deutschsprachigen Minderheit zu annektieren - koste es, was es wolle. Die drei Millionen Deutsche sollten "heim ins Reich". Tatsächlich ist es der Auftakt für die gewaltsame Expansion Nazi-Deutschlands; seit 1933 rüstete Hitler bereits die Wehrmacht auf, die Kriegsmaschinerie stand in den Startlöchern.
Der Einmarsch in die Tschechoslowakei hätte eine Kettenreaktion ausgelöst: Für Frankreich wäre der Bündnisfall eingetreten und damit auch für Großbritannien. Um diesen internationalen Konflikt zu verhindern, zielten die Westmächte mit ihrer Politik des "Appeasement", der Beschwichtigung, darauf, Hitler den Wind aus den Segeln zu nehmen. In dem Münchner Abkommen einigten sie sich darauf, dass Deutschland die beanspruchten Gebiete zugesprochen werden - Vertreter der Tschechoslowakei waren nicht eingeladen. Hitler unterzeichnete zähneknirschend. Er malte sich bereits einen Krieg aus, rückblickend vermerkte er 1945 in den Bormann-Diktaten: "Vom militärischen Standpunkt aus waren wir daran interessiert, ihn ein Jahr früher zu beginnen. Aber ich konnte nichts machen, da die Engländer und Franzosen in München alle meine Forderungen akzeptierten."
Was wäre wenn? Was wäre, wenn die Westmächte damals Hitler es nicht hätten durchgehen lassen, ins Sudetenland einzumarschieren - der Beginn eines größenwahnsinnigen Vernichtungskrieges, der Millionen Menschen das Leben gekostet hat? Genau hier setzt "München - Im Angesicht des Krieges" an, nach einer Romanvorlage von Robert Harris. In den historischen Kontext eingebettet, erzählt er die fiktive Geschichte von zwei jungen Männern, dem deutschen Diplomaten Paul von Hartmann (Jannis Niewöhner) und Chamberlains Privatsekretär Hugh Legat (Georg MacKay). Die beiden lernen sich in den 1930er-Jahren während des Studiums in Oxford kennen. Jahre später übersetzt der eine für Hitler die Auslandspresse, der andere hilft dem britischen Regierungschef beim Verfassen der Reden.