Spanien macht es vor: Kommt bei uns auch die "Grippalisierung"?
RTL
Spanien plant, Corona wie eine normale Grippe zu behandeln: Ist das der richtige Weg aus der Pandemie? Virologe Klaus Stöhr schätzt die Strategie Spaniens ein.
Obwohl Omikron auch Spanien fest im Griff hat, steuert die spanische Regierung eine neue Strategie an: die "Grippalisierung". Trotz extrem stark ansteigenden Infektionszahlen im Land will sie Corona wie eine wiederkehrende Grippe behandeln. Ist das der richtige Weg, um das Land wieder zurück in die Normalität zu führen? Sollte Deutschland nachziehen? Und wann könnte für Deutschland der richtige Zeitpunkt dafür sein?
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Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez forderte in einem Radiointerview bei "Cadena Ser" die "Grippalisierung". Dies sei der richtige Weg von einer Pandemie zu einer Endemie – und das trotz einer 7-Tage-Inzidenz von über 2.000. Mit seiner Forderung will Sánchez keinen Alleingang seines Landes, sondern eine Diskussion in der EU anschieben. Bagatellisiert Spaniens Führung das Coronavirus? Lehnt sich die Regierung hier zu weit aus dem Fenster? Oder ist das genau der richtige Weg – für Spanien, die EU und Deutschland?
"Strategisch zu denken, ist nie falsch", erklärt Virologe und Epidemiologe Klaus Stöhr im Interview mit RTL. "Das auf EU-Ebene voranzubringen, halte ich für sehr gut." Also, Zeit für uns, mitzuziehen?
Auch in Deutschland habe mit der dominanten Zirkulation der Omikron-Variante nun die fünfte Welle der Corona-Pandemie begonnen, schreibt das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem aktuellen Wochenbericht. Omikron sei mit rund 73 Prozent die vorherrschende Variante des Coronavirus.
Jetzt in Deutschland zu öffnen, wäre falsch, erklärt Stöhr. Die Situation sei zurzeit noch nicht wie bei einer Endemie. "Es haben noch nicht alle Antikörper. Und vor allen Dingen, es haben noch nicht alle die natürliche Immunisierung erfahren. Der Impfstoff allein hilft, die Auswirkung der Erkrankung zu reduzieren. Aber nicht lange und nicht so umfänglich wie eine Infektion. Und die Infektion sollte erst nach der Impfung erfolgen."
Der größte Teil der Bevölkerung sei bereits bei einer Immunisierung angekommen, so Stöhr. "Omikron wird den Rest mitnehmen und die natürliche Immunisierung bringen." Das werde sich im Frühjahr entspannen. Da aber noch nicht alle diese breite Immunantwort mit in den Herbst nehmen werden, seien weitere Impfkapazitäten wichtig, erklärt er weiter.
Wenn man die Maßnahmen zurückfahren würde, würden sicherlich die Infektionszahlen ansteigen, erklärt der Virologe. "Die Frage ist, geht die Anzahl derjenigen, die ins Krankenhaus kommen, und der, die auf die Intensivstation müssen oder sterben, über das hinaus, was man mit vernünftigen Gegenmaßnahmen verhindern kann."