Sinnbild Kevin-Prince Boateng
Frankfurter Rundschau
0:5 in München, 0:6 in Leipzig - bei Hertha BSC stimmt es hinten und vorne nicht mehr. Investor Lars Windhorst hatte sich das völlig anders vorgestellt.
Diese Saison 2020/2021, in der sich die Fußball-Bundesliga, krankend an Attraktionen, wie ein heruntergekommener Zirkus von Wochenende zu Wochenende schleppt, wäre eigentlich die große Gelegenheit für Hertha BSC. Die Chance, endlich heranzurücken an die Spitze, an die eigenen Ansprüche, und die Liga mit einer Mischung aus Tradition und Stärke zu erfrischen, die Liga hat das ja dringend nötig. Stattdessen aber lässt sich der Hauptstadtklub am Nasenring durch die Manege führen wie ein alter, trauriger Bär. 0:5 in München, 0:6 in Leipzig. Man mag ja gar nicht mehr hinsehen.
„Wow! Bin etwas geschockt grad und brauche gleich einen Drink“, schrieb am Samstag nach dem Debakel in Sachsen bei Facebook ein Mann, der sich das alles ganz anders vorgestellt hat: Lars Windhorst, der Großinvestor bei der Hertha. Leichter hat er sich das vorgestellt, und es klang ja auch so schlüssig: Ein schickes Projekt ausrufen (Big City Club!), Menschen hinzuholen, die sich mit schicken Projekten auskennen (Jürgen Klinsmann), und dann vorne viele, viele Millionen reinlaufen lassen, bis hinten die großen Erfolge rauspurzeln. Länger als ein, zwei Jährchen würde das bestimmt nicht dauern, ach Quatsch.
Doch jetzt, zwei Jahre nach Windhorsts Einstieg, wirkt die Hertha wie eine große Verpuffung, das Nullsechs in Leipzig wie die bezeichnendste von allen Niederlagen. RB, wenngleich nach dem Trainerwechsel in die Spielzeit gerumpelt, steht für eine gelungene Gesamtentwicklung, die man sich auch in Berlin wünscht: nachhaltig, mit viel Geld und viel Wissen erwirkt, wobei das Wissen vom Geld kommt und umgekehrt – ein Prozess, der sich wie alle guten Prozesse selbst nährt.