Simonida. Sandra. Rampenlicht
DW
Der Theater-Verein "Romano Svato" wurde vor zehn Jahren von Simonida und Sandra Selimovic gegründet. Seitdem sind die Schwestern zu Ikonen der Theaterwelt aufgestiegen.
Der Name Romano Svato heißt frei übersetzt aus der Sprache Romanes so viel wie "die Stimme erheben". Diesem Namen sind die Schwestern mit ihrer Arbeit auch gerecht geworden - denn die beiden sind (mit-)verantwortlich für einige der spannendsten Produktionen des vergangenen Jahrzehnts. In ihren Theaterstücken vermischen sie mehrsprachige Performance mit Rap, Bühnenkunst und Interventionen im öffentlichen Raum: "Sichtbarkeit ist für uns der Schlüssel für Diskurs - also eine tatsächlichen Auseinandersetzung mit Themen, die uns alle, die gesamte Gesellschaft, betreffen."
Bereits 2013 machten sie mit "Gipsy Stop Dancing" auf sich aufmerksam. Das Stück erzählt die Geschichte des deutschen Boxmeisters von 1933, Johann "Rukeli" Trollmann, neu. Anstatt eines Mannes kämpft diesmal eine Frau um den Titel. Statt im nationalsozialistischen Deutschland spielt die Geschichte in einem fiktiven ungarischen Staat, regiert von einem totalitären Herrscher. So wie Rukeli verweigert auch Sandra als Boxerin, einer Erpressung nachzugeben und ihren Sieg herzuschenken.
Kurze Zeit später gründeten Simonida und Sandra "Mindj Panther" - ein Pendant zum feministischen Punk-Kollektiv "Pussy Riot", von denen damals einige Mitglieder in Russland festgenommen worden waren. Mindj Panther wählten Rap statt Punk für ihre Widerstandsmusik - und Romanes als Sprache für ihre Songs gegen Rassismus und Diskriminierung. Dass sie beschlossen, in diesem Kontext Ninja-Anzüge zu tragen, war vielleicht bereits ein Vorbote jener kämpferischen Idee, auf deren Basis das Theaterstück "Roma Armee" entstand, erzählen sie: "Wir Roma haben nie Kriege geführt. Wir wurden dennoch verfolgt und getötet. Was wäre, wenn wir beginnen würden, uns nach all dem Leid plötzlich zu wehren?"
"Roma Armee" avancierte zum europaweiten Überraschungserfolg und wurde von Feuilleton und Publikum gleichermaßen gefeiert. Die Schwestern nehmen in der Inszenierung von Yael Ronen am Maxim Gorki Theater in Berlin Hauptrollen ein. Die vielfältigen Protagonistinnen und Protagonisten referieren über ihre Biografien und über ihre Konflikte mit Identität: "Wir müssen mehr Geschichten erzählen über unsere Erfolge, über unseren Kampfgeist und über unsere Vielfalt. Wir müssen solidarisch sein und uns gegenseitig ins Rampenlicht stellen", bekräftigen die Schwestern.
Doch das Rampenlicht ist genau das, was viele aus der Roma-Community lieber meiden - zumindest dann, wenn es um ihre Herkunft geht. Dies sei angesichts der Geschichte der Communities auch nicht verwunderlich, so Sandra: "Die Historie unserer Verfolgung ist noch lange nicht weitreichend aufgearbeitet. Sie ist in den meisten Teilen dieser Gesellschaft nicht bekannt - und schon gar nicht anerkannt. Umso mehr dürfen Attacken gegen uns nicht ignoriert, akzeptiert oder verharmlost werden."