
Selenskyj legt kompletten Kurswechsel hin - oder doch nicht?
n-tv
Die im Eiltempo vorgenommene Entmachtung der Antikorruptionsbehörden in der Ukraine ist offenbar vom Tisch: Präsident Selenskyj kündigt ein neues Gesetz an. "Das ging schneller als gedacht", sagt ein Oppositionspolitiker. Die Skepsis allerdings bleibt.
Eigentlich gibt es in der Ukraine seit dreieinhalb Jahren nur ein relevantes Thema: die Verteidigung gegen den russischen Angriff. Angesichts der russischen Sommeroffensive ist das Thema sogar noch relevanter als sonst. Doch im politischen Kiew ist der Krieg gegen Russland derzeit etwas in den Hintergrund gerückt - und dass, obwohl am Mittwoch die dritte Runde der russisch-ukrainischen Verhandlungen in der Türkei stattfand.
Zum ersten Mal seit 2022 gab es in der Ukraine bedeutende Proteste, nachdem das ukrainische Parlament am Dienstag überraschend im Eiltempo ein Gesetz verabschiedet hatte, das die Unabhängigkeit der ukrainischen Antikorruptionsbehörden einschränken soll. Am selben Abend wurde es von Präsident Wolodymyr Selenskyj unterschrieben.
Nicht nur in Kiew, auch in vielen anderen ukrainischen Städten gingen die Menschen sowohl am Dienstag als auch am Mittwoch auf die Straßen. Groß sind die Proteste bisher zwar nicht, auch wenn sich die Anzahl der Teilnehmer in Kiew am zweiten Tag sichtlich steigerte. Aber angenehm sind die Demonstrationen für den seit 2019 regierenden Präsidenten sicher nicht, zumal auch die Kritik aus der EU ungewöhnlich scharf und in der Ukraine deutlich zu hören ist. "Die Einschränkung der Unabhängigkeit der ukrainischen Antikorruptionsbehörden belastet den Weg der Ukraine in die EU", schrieb etwa der deutsche Außenminister Johann Wadephul auf X. Ähnlich äußerte sich EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos.
