
Schiri Zwayer wird zum Blitzableiter der türkischen Fans
n-tv
Die türkische Fußball-Nationalmannschaft enttäuscht auf ganzer Linie im zweiten EM-Duell gegen Portugal. Nach einer ganz bitteren ersten Halbzeit entlädt sich der Frust der Zehntausenden türkischen Fans an Schiedsrichter Felix Zwayer. Der hatte allerdings kaum etwas falsch gemacht.
Als Felix Zwayer um 18.46 Uhr im Spiel zwischen EM-Mitfavorit Portugal und der Türkei zur Halbzeit pfiff, bekam er Wut und Hass zu spüren. Über dem deutschen Schiedsrichter entlud sich ein Pfeifkonzert. Der Begriff gellend, im Sportjournalismus inflationär verwendet, weil (zu) gerne zu oft genommen, sobald mehr als ein Zuschauer die Finger zwischen die Lippen schiebt –, hier traf er zu. Bei Pfiffen blieb es nicht. Auch das schlimme deutsche Wort mit "H..." hallte dem 43-Jährigen entgegen.
Was hatte Zwayer nur verbrochen? Nüchtern betrachtet nicht viel. Sicher, hie und da hatte er vielleicht etwas kleinlich gepfiffen, den Türken die ein oder andere Grätsche angelastet, die man nicht hätte ahnden müssen. Hatte umgekehrt den Portugiesen in einigen Zweikämpfen etwas mehr durchgehen lassen. Aber grobe, gar spielentscheidende Fehler – die hatte Zwayer nicht fabriziert. Er war nicht schuld, dass die chancenlosen Türken 0:2 hinten lagen, als sein Pfiff die Partie pausierte.
Der in Deutschland nicht unumstrittene Schiedsrichter diente den Anhängern der Türkei vielmehr als Sündenbock, als Blitzableiter. Wie es halt im Fußball so ist: Läuft es bei der eigenen Mannschaft nicht, muss der Schiri herhalten. Vielleicht hatten sich die Pfiffe auch aufgestaut, weil die türkischen Fans - anders als vor vier Tagen gegen Georgien - auf Bitten ihrer eigenen Mannschaft die Hymne des Gegners nicht gnadenlos niedermachten.
