Schöner abschreiben
Süddeutsche Zeitung
Finanzminister Lindner testet seine Koalitionspartner: Mit dem neuen Corona-Steuerhilfegesetz will er freihändig die günstigen Abschreibungsregeln für Unternehmen verlängern.
Schon die fortlaufende Nummerierung zeigt eine gewisse Routine im Umgang mit Corona-Hilfen: Es ist schon das "Vierte Corona-Steuerhilfegesetz", das an diesem Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden könnte. Noch aber gibt es Unstimmigkeiten, denn in dem 23 Seiten langen Entwurf von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) steckt vor allem ein Posten, bei dem Lindners Koalitionspartner Diskussionsbedarf angemeldet haben: die Verlängerung der erleichterten Abschreibungsregeln für Unternehmen.
Im Großen und Ganzen arbeitet Lindner mit seinem Entwurf unstrittige Maßnahmen ab. Etwa, dass Corona-Bonuszahlungen von bis zu 3000 Euro für das medizinische und pflegerische Personal steuerfrei gestellt werden. Oder die Verlängerung der Home-Office-Pauschale, die Steuerzahler unter gewissen Bedingungen auch in diesem Steuerjahr beim Finanzamt geltend machen können. Konsens besteht auch im Fall der steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld; die Regelung wird bis Ende März verlängert. Und die Möglichkeit, frühere Gewinne noch bis Ende 2023 großzügig mit aktuellen Verlusten verrechnen zu können, ist ein Auftrag aus dem Koalitionsvertrag.
Die "degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter" dagegen - so der Fachbegriff für die erleichterten Abschreibungsregeln - hat Lindner ziemlich freihändig in den Katalog hineingemogelt. Er will die Regelung, die aus dem "Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz" vom Sommer 2020 stammt, um ein Jahr verlängern.
Bei den Grünen stößt das auf wenig Begeisterung. "Wir haben uns mit der Superabschreibung auf ein kluges Instrument für die Entlastung von Unternehmen geeinigt", sagt Katharina Beck, finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Die "Superabschreibung", auf die Beck anspielt, ist eine Erfindung Lindners. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: "Wir wollen eine Investitionsprämie für Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgüter schaffen." Konkret sollen Unternehmen 2022 und 2023 einen Teil ihrer Kosten für Investitionen in Klimaschutz oder Digitalisierung von ihrem steuerlichen Gewinn abziehen können.
Nun aber findet sich ausgerechnet dieses Instrument nicht in Lindners Steuerhilfegesetz. Stattdessen steht die degressive Abschreibung (kurz Afa, "Absetzung für Abnutzungen") drin. Beck lehnt das ab: "Auch die degressive Afa fortzuführen, wie nun vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagen, würde den Haushalt mit knapp zehn Milliarden Euro über die nächsten vier Jahre zusätzlich belasten", sagt sie. "Es besteht auf jeden Fall noch Gesprächsbedarf, ob das in der Prioritätenabwägung wirklich der richtige Schritt ist."