Saudi-Arabien: Neom - kein Prestigeobjekt der Menschenrechte
DW
Der Bau der "grünen" Mega-Stadt Neom hat begonnen. Sie soll Saudi-Arabiens Zukunft sichern, wenn das Öl nicht mehr sprudelt. Bürgern, die sich nicht fügen, drohen laut Menschenrechtlern harte Strafen, bis hin zum Tode.
Sie wollten ihre Dörfer nicht verlassen, die dem Bau der geplanten Zukunftsstadt Neom weichen sollen. Darum sehen sich drei junge Männer vom Stamm der Howeitat laut Angaben von Menschenrechtlern und den UN von der Todesstrafe bedroht. Diese hatte ein Gericht laut den Angaben bereits im August vergangenen Jahres gegen sie verfügt. Im Januar dieses Jahres wurde das Urteil von einem Berufungsgericht bestätigt, vollstreckt wurde es offenkundig noch nicht.
Das Vergehen der Männer: Sie hatten versucht, den Abriss ihrer Häuser zu verhindern. Drei weitere Mitglieder des Stammes wurden zu Haftstrafen zwischen 27 und 50 Jahren verurteilt.
Einem Bericht des Büros des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte zufolge treiben die saudischen Behörden die Maßnahmen zum Bau der Smart City rigoros voran. So ergriffen sie seit Januar 2020 Maßnahmen, um Angehörige des Stammes der Howeitat aus dreien ihrer Dörfer - Al Khuraiba, Sharma und Gayal - zu vertreiben. Diese stehen dort, wo irgendwann die Lichter der künftigen Smart City leuchten sollen. Neom ist ein ökologisches Prestigeobjekt Saudi-Arabiens , das helfen soll, das absehbare Ende der Erdölförderung und den Einstieg in die erneuerbaren Energien und grüne Techniken zu bewerkstelligen.
Zwar hat die saudische Regierung den von den Auswirkungen betroffenen Menschen versprochen, sie in die Planungs- und Umsetzungsprozesse einzubeziehen. Doch UN-Angaben zufolge wurden offenbar dennoch viele Menschen vertrieben, Häuser ohne angemessene Entschädigung abgerissen. Während der anfänglichen Proteste sei ein Mitglied des Stammes sogar in seinem eigenen Haus von Mitgliedern saudischer Spezialeinheiten getötet worden, heißt es in dem UN-Bericht.
"Alle sechs Personen wurden auf der Grundlage des äußerst vagen saudischen Gesetzes von 2017 über die Bekämpfung von terroristischen Straftaten und deren Finanzierung angeklagt", monieren die UN-Experten. Sie wiesen in ihrem Bericht zudem darauf hin, dass dieses Gesetz ihrer Einschätzung nach nicht mit dem Völkerrecht in Einklang steht. Außerdem äußerten sie ihre Besorgnis, dass einige der Inhaftierten möglicherweise gefoltert und misshandelt wurden, um Schuldgeständnisse zu erzwingen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht in ihrem Bericht für das Jahr 2022 von "grob unfairen Verfahren". Anfragen der DW an offizielle saudische Stellen mit Bitte um Stellungnahme blieben bis zur Veröffentlichung dieses Artikels unbeantwortet.