"Russisches Davos" legt Putins kaputte Wirtschaft offen
n-tv
Tausende Teilnehmer aus 130 Ländern wollen das Wirtschaftsforum in St. Petersburg besuchen. Doch die großen Namen aus Politik und Wirtschaft fehlen. Selbst russische "Freunde" halten sich zurück. Stattdessen offenbart das Programm teure Kriegsfolgen.
Noch vor wenigen Jahren gab sich das Who's who der Staats- und Regierungschefs beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg die Klinke in die Hand. 2009 war die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel Stargast von Präsident Wladimir Putin beim "Russischen Davos". Selbst die russische Annexion der Krim 2014 änderte nichts an der Anziehungskraft: 2018 schauten der französische Präsident Emmanuel Macron und der inzwischen ermordete, damalige japanische Premierminister Shinzō Abe in St. Petersburg vorbei. Im Jahr darauf gab sich der chinesische Staatschef Xi Jinping die Ehre.
Vier Jahre später muss der russische Präsident das Wirtschaftsforum zum zweiten Mal in Folge mehr oder weniger allein verbringen: Bekanntester europäischer Gast ist der ungarische Außenminister Peter Szijjarto. Der Trump- und Putin-Freund stört sich wie Regierungschef Viktor Orban eher nicht am russischen Angriff auf die Ukraine. In den vergangenen Monaten war er regelmäßig bei Ausstellungen, Messen und anderen Terminen in Russland zu Gast.
Ansonsten meiden die EU- und die NATO-Staaten das Wirtschaftsforum geschlossen wie Vampire das Sonnenlicht. Das gilt nicht nur für Regierungsvertreter: Als die "Financial Times" im Mai berichtete, der frühere Google-Chef Eric Schmidt werde eine Rede in St. Petersburg halten, konnte dieser gar nicht schnell genug dementieren. Wahrscheinlich hat Kremlsprecher Dmitri Peskow nicht unrecht, wenn er sagt, dass einige Geschäftsleute aus dem Westen das Wirtschaftsforum gerne besuchen, aber "lebendig gefressen" würden, wenn sie es öffentlich zugeben.
Der Softwarekonzern SAP möchte umstrukturieren und macht seinen Mitarbeitern attraktive Angebote, um das Unternehmen zu verlassen. Die Programme schlagen anscheinend voll ein, denn Tausende interessieren sich einem Bericht zufolge für einen Abgang. Doch nicht für alle könnte der Wunsch in Erfüllung gehen.