
Rezepte kennen keine Grenzen
n-tv
"Granatapfel & Artischocke" ist ein sehr persönliches Buch über das Unterwegssein und Ankommen. Die iranische Schriftstellerin und Fotografin Saghar Setareh begibt sich auf eine kulinarische Reise und zeigt, wie Zutaten und Rezepte jegliche Grenzen überwinden, dabei geteilt und verändert werden und zum Nachkochen einladen.
Sind Sie Genießer, so wie ich? Und ein bisschen Klugscheißer, so wie ich? Dann werden Sie in "Granatapfel & Artischocke" schwelgen, so wie ich. In diesem Buch gibt's nämlich leckere Rezepte gleichermaßen für Fleisch- wie für Gemüsefans und ganz nebenbei viel Wissenswertes über Kultur und Küche aus dem Iran, Ländern der Levante und des östlichen Mittelmeerraums bis hin zu Italien. "Granatapfel & Artischocke" ist das erste Kochbuch von Saghar Setareh, sie hat die Rezepte gesammelt, verfeinert und mit persönlichen Geschichten gewürzt sowie als gelernte Fotografin für stimmungsvolle Bilder gesorgt. Erschienen ist das Buch in sehenswerter Ausstattung bei ars vivendi.
Setareh wurde in Teheran geboren und ging als 22-Jährige 2007 für ein Studium an der Accademia di Belle Arti nach Rom. Sie floh nicht vor Verfolgung oder einer tyrannischen Familie, was ja auch vorstellbar wäre. "Doch es war weit weniger dramatisch", schreibt sie. "Ich war jung, und ich wollte einfach die Geschichte meines Lebens woanders schreiben, genau wie viele andere junge Menschen auf der ganzen Welt." Warum Italien? Purer Zufall, meint sie, oder ist es doch eher das indirekte Ergebnis einer Wette auf das WM-Halbfinalspiel Deutschland-Italien 2006? Damals jedenfalls war Setareh weder parteiisch für Italien noch hatte sie besonderes Interesse an Essen. Und doch sollte Italien ihr Zuhause und Essen ihre Berufung werden, der Weg bis dahin war weit und nicht immer eben. Heute lebt und arbeitet sie in einem kleinen Apartment in Rom, gibt persische und italienische Kochkurse und betreibt ihren Blog Lab Noon, der bereits für mehrere Preise nominiert wurde. Rom wird zu einer ihrer intensivsten kulinarischen Erfahrungen.
Es ist für mich gut nachvollziehbar, was Setareh über ihre ersten Schritte in Italien schreibt, über dieses Herantasten an Unbekanntes einerseits und andererseits die pure Lust auf Abenteuer. Beides ist nicht zu trennen. Da werden eigene Erinnerungen wach, und so wird es wohl jedem ergehen, der mal jahrelang "in der Fremde" gelebt und gearbeitet oder studiert hat. Gleich am ersten Abend wird mit Kommilitonen eine Flasche Wein geköpft - "etwas, was ich noch nie zuvor getan hatte"; das erste Frühstück in einer Bar (!); später folgen zahllose Flaschen Bier und frisches Schweinefleisch. Als "der Reiz billigen Alkohols und nächtlicher Studentenpartys" verblasst, ziehen die italienische Küche und die italienische Lebensart die gebürtige Iranerin völlig in ihren Bann.
