Renate Künast feiert nach Hasskommentaren Erfolg mit Verfassungsklage
Frankfurter Rundschau
Die Bundestagsabgeordnete Renate Künast hat mit einer Verfassungsklage gegen beleidigende Facebook-Posts Erfolg. Nun kann sie zivilrechtlich vorgehen.
Karlsruhe – Die Grünen-Politikerin* Renate Künast hat in einem Rechtsstreit über Beleidigungen durch Facebook-Nutzer einen Erfolg vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe erzielt: Frühere Urteile des Berliner Kammergerichts* hätten sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und würden aufgehoben, erklärte Karlsruhe am Mittwoch (02.02.2022). Berliner Gerichte hatten nur einen Teil der Kommentare als strafbare Beleidigung eingestuft und Künast darum nur zum Teil einen Anspruch auf Herausgabe der Nutzerdaten zugestanden. (Az. 1 BvR 1073/20)
In den Jahren 2019 und 2020 sorgte der Rechtsstreit bundesweit für Aufsehen* und Empörung, weil das Berliner Landgericht die teils obszönen Beschimpfungen zunächst als „Haarschaf an der Grenze des von der Antragstellerin noch Hinnehmbaren“ eingestuft hatte. Ein Facebook-Post zu einer Äußerung Künasts aus dem Jahr 1986 im Berliner Abgeordnetenhaus zum Thema Pädophilie war der Auslöser. Unter dem Facebook-Post überzogen Nutzer Künast mit üblen, teils sexistischer Beschimpfungen.
Mit dem Gerichtsverfahren seinerzeit wollte die Bundestagsabgeordnete erreichen, dass Facebook die personenbezogenen Daten der Urheber herausgibt, um zivilrechtliche Schritte einleiten zu können. Das Landgericht lehnte dies zunächst ab, die Richter stuften später sechs der 22 Kommentare doch noch als „ehrherabsetzend“ ein. In diesen Fällen dufte Facebook demnach Auskunft über den Namen des Nutzers, dessen E-Mail-Adresse und IP-Adresse sowie den Uploadzeitpunkt erteilen.
Anschließen wandte sich Künast an das Kammergericht, welches ihr in sechs weiteren Fällen recht gab. In den übrigen Fällen sah es keine strafbare Beleidigung. Das Bundesverfassungsgericht erklärte nun, das Kammergericht habe die Tragweite des Persönlichkeitsrechts falsch eingeschätzt. Als es davon ausging, dass eine Beleidigung nur dann vorliege, wenn der Kommentar „lediglich als persönliche Herabsetzung und Schmähung“ zu verstehen sei, habe es einen fehlerhaften Maßstab angelegt.
Das Kammergericht habe sich dabei nicht ausreichend mit den einzelnen Fällen auseinandergesetzt, rügte Karlsruhe: Die vom Kammergericht verwendete Behauptung, Künast müsse den Angriff als Politikerin im öffentlichen Meinungskampf hinnehmen, reiche nicht aus. Die Entscheidungen, die Künast Auskunft über die Daten der verbliebenen zehn Nutzer verwehrten, wurden aufgehoben. (lz/afp) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.