
Reichsbürger und Impfgegner fliehen nach Paraguay
DW
Das südamerikanische Land entwickelt sich zum Mekka für Demokratiefeinde und Verschwörungstheoretiker aus Deutschland. Willkommen sind sie nicht unbedingt.
Im Paradies scheint gerade die Sonne, bei 33 Grad stört keine einzige Wolke den strahlend blauen Himmel. Deutsche Metzger servieren eine leckere Brotzeit mit Wurst, Sauerkraut und Brezeln, als Nachtisch hat der deutsche Bäcker um die Ecke mit Berlinern einen wahren Gaumenschmaus im Angebot. Eine Tanzschule darf auch nicht fehlen, genauso wenig wie das Colegio Paraguayo Germano, die Deutsche Schule für die Kinder.
Willkommen in Hohenau, einem 15.000-Einwohner-Städtchen in Paraguay. Ein Paradies schon damals für die deutschstämmigen Brasilianer, die sich wegen der fruchtbaren Erde um das Jahr 1900 hier niederließen. Ein Paradies heute zunehmend für die Deutschen, welche die Nase gestrichen voll haben von Flüchtlingen, Corona-Impfungen und Maskenpflicht. Hohenau, das immer stolz auf seine deutschen Wurzeln war, ist zum Anziehungspunkt für Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker und Impfgegner geworden.
Thomas Vinke hat jetzt schon genug von seinen neuen Nachbarn. Vor 17 Jahren wanderte der gebürtige Rheinländer nach Paraguay aus, seine Geschichte könnte in allen Lehrbüchern für eine perfekte Integration stehen. Jeden Samstag um 18.30 Uhr flimmert die Natursendung "Paraguay Salvaje", "Wildes Paraguay", über die Fernseher des Landes. Vinke ist zusammen mit seiner Frau Sabine der kreative Kopf dahinter. Für die erfolgreiche TV-Serie sind die beiden Umweltschützer sogar schon von der Senatskammer des nationalen Parlaments ausgezeichnet worden.
Vinke sagt der DW am Telefon: "Nach der Flüchtlingskrise 2015 kamen die Reichsbürger, extrem laute, aggressive Menschen. Und jetzt landen hier sehr viele Heilpraktiker, Wunderheiler und rechte Impfgegner. Und wir sind für diese Menschen die Hassfiguren, allein schon durch unsere Arbeit für den Umweltschutz."
Vor allem in den sozialen Medien wird Vinke hart angegangen, in den Einwandererforen, in denen er schon einmal nützliche Tipps für Landsleute teilt. Seit einigen Jahren, erzählt Vinke, habe sich der Umgang dort massiv geändert, Antisemitismus, Rassismus und rechtsradikale Inhalte gehörten mittlerweile zum – schlechten – Ton. Wenn der Umweltschützer deutlich wird, was er davon hält, oder aber es wagt, sich über Verschwörungstheorien lustig zu machen, kommt die Antwort postwendend. "Wir werden immer wieder bedroht", so Vinke. "Neulich wollte mir jemand 'mit Bauschaum das Maul ausspritzen'."
