
"Putin kämpft nicht um den Sieg"
n-tv
Tatjana Stanowaja ist Politikwissenschaftlerin und Gründerin des Analysezentrums R.Politik. In seinen Newslettern informiert es westliche Institute und Nichtregierungsorganisationen in englischer Sprache über die Entwicklungen in russischer Politik und Gesellschaft. Die Russin lebt seit Jahren in Frankreich. Im Interview mit ntv.de spricht sie darüber, wie der Kreml von westlichen Sanktionen profitiert, was Putins Ziele im Ukraine-Krieg sind und warum radikale Kräfte in Russland an Einfluss gewinnen. Stanowaja nennt auch zwei Tendenzen, die die Perspektiven des Landes bestimmen würden, und kommt zu dem Schluss, dass in naher Zukunft "nichts Gutes zu erwarten ist".
ntv.de: Frau Stanowaja, Ihr Zentrum erklärt westlichen Diplomaten und NGO-Mitarbeitern Prozesse in der russischen Gesellschaft. Kann man den Ergebnissen von Umfragen glauben, die besagen, dass drei Viertel der Bevölkerung hinter Putin stehen und den Krieg in der Ukraine unterstützen?
Tatjana Stanowaja: Ich vertraue den Umfragen des Lewada-Zentrums. Die Ergebnisse decken sich mit Umfragewerten des staatlichen WZIOM-Instituts. Auch durch persönliche Erfahrungen lässt sich diese Stimmung bestätigen. Wir sehen, dass die Gesellschaft zum großen Teil hinter Putin steht und den Krieg unterstützt. Es ist aber wichtig, die Haltung zu Putin persönlich und zu seinen geopolitischen Entscheidungen zu unterscheiden. Denn oft stößt man auf eine Mischung aus einer negativen Haltung gegenüber Putin persönlich und gleichzeitig Verständnis und Unterstützung für seine geopolitischen Entscheidungen.
