
Proteste in Polen: "Meine Fernbedienung gehört mir"
DW
Tausende Menschen haben am Sonntag auf Polens Straßen gegen ein umstrittenes Mediengesetz demonstriert, das den regierungskritischen Sender TVN24 zum Schweigen bringen könnte.
Es waren Tausende, die am nasskalten Sonntagabend (19.12.2021) in Polen auf die Straßen gingen - für einen Fernsehsender und freie Medien. Viele trugen weiß-rote polnische und blaue EU-Fahnen. Einige von ihnen waren sichtbar wütend, andere eher besorgt oder sogar traurig. "Meine Fernbedienung gehört mir", hieß es auf einem Transparent.
Eine ältere Frau sagte deutlich gerührt in die Kamera eines Teams des privaten Nachrichtenkanals TVN24, sie werde für freie Medien und Freiheit im Allgemeinen demonstrieren, solange sie das könne. Ein Mann ähnlichen Alters ergänzte mit vor Erregung zitternder Stimme, er habe 1989 Jahren für ein freies Polen demonstriert und werde das auch 2021 tun.
Eingefangen haben diese Statements Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Senders, um den es in der derzeitigen polnischen Debatte um die Freiheit der Medien geht. "Der nächste Schlag gegen die freien Medien" richte sich gegen TVN24, wie der Sender selbst und in eigener Sache titelte. Die sonst farbigen Schlagzeilen am unteren Bildschirmrand liefen am 19.12.2021 in schwarzer Schrift, zeitweise war auch die TVN24-Webseite nur in schwarz-weiß zu sehen.
Zwei Tage zuvor hatte das polnische Parlament überraschend und ohne Ankündigung ein von der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) auf den Weg gebrachtes Mediengesetz verabschiedet, nach dem außereuropäische Medienunternehmen künftig nicht mehr als 49 Prozent der Anteile an in dem EU-Land betriebenen Fernseh- und Radiosendern halten dürfen. Für TVN24 bzw. dessen Besitzer, die TVN-Gruppe, würde das bedeuten, dass sie nicht länger im mehrheitlichen Besitz der US-amerikanischen Discovery-Gruppe bleiben dürfen.
Kritiker des neuen Gesetzes sehen darin eine Einschränkung der Pressefreiheit - oder genauer, den nächsten Schritt in einem voranschreitenden Prozess, Medien der Regierungspartei unterzuordnen. Ende vergangenen Jahres hatte der staatlich kontrollierte Ölkonzern PKN Orlen mehrere Regionalzeitungen übernommen, die zur Verlagsgruppe Polska Press gehörten. Bald darauf wurden die Chefredakteure der Blätter ausgetauscht.
