Proteste in Kasachstan: Wie weiter?
DW
Was erwartet Kasachstan in naher Zukunft und wie ist zurzeit dort die Lage? Was waren die Gründe und was sind die Folgen der Proteste? Einschätzungen von Experten aus Almaty und Moskau.
Kasachstan kommt nach den Protesten langsam wieder zur Ruhe, sagen Beobachter vor Ort, mit denen die DW gesprochen hat. Auch in Almaty, der größten Stadt des Landes und Epizentrum der Proteste, fließt der Verkehr normal und die Geschäfte sind geöffnet. In den Straßen sind jedoch bewaffnete Soldaten und militärisches Gerät zu sehen.
Insgesamt herrscht im Land aber weiterhin Anspannung. Die Kasachen sind um die soziale und wirtschaftliche Situation besorgt. Sie fragen sich, welche Maßnahmen die Regierung ergreifen wird und wie es mit den Truppen des von Russland geführten Militärbündnisses "Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit" (OVKS) im Land weitergehen soll.
Zu diesen Fragen hatte sich Präsident Kassym-Schomart Tokajew in einer Rede an das Volk geäußert. "Er sprach über soziale Ungleichheit und die Notwendigkeit, dieses Problem zu lösen, aber auch über oligarchische Wirtschaftsstrukturen", sagt Jewgenij Schowtis, der in Almaty lebt und das Kasachische Büro für Menschenrechte leitet.
Er betont, eine Reihe monopolistischer Unternehmen, die Tokajew erwähnt habe, würden der Familie von Nursultan Nasarbajew gehören, der von 1990 bis 2019 der Präsident Kasachstans war. Schowtis findet, die jüngsten Ereignisse würden Tokajew ermöglichen, seine eigene Position zu stärken, aber auch Reformen anzukündigen, darunter beim Kampf gegen Korruption und zur Stärkung des Staatsapparates. Das habe seine Rede deutlich gemacht.
Auch der in Almaty lebende Wirtschaftsbeobachter Sergej Dominin meint, Tokajew habe zu verstehen gegeben, dass Nasarbajew es in den vergangenen 30 Jahren vielen ermöglicht habe, ein Vermögen anzuhäufen. Doch nun sei die Zeit gekommen, dass diese Menschen dem Volk helfen müssten. "Vielleicht wird dies in Form einer Übergabe der Kontrolle oder durch die Beschlagnahme gewisser Mittel erfolgen, die dann für den Wiederaufbau der Wirtschaft von Almaty und anderer Regionen verwendet werde sollen, die während der Proteste besonders hart getroffen wurden", so Dominin.