Protest gegen Kopftuch-Zwang: Schach-Stars wehren sich gegen Regime im Iran
DW
Die iranische Schach-Elite lehnt die strikte Kleiderordnung des Mullah-Regimes demonstrativ ab. Die Sportlerinnen setzen dadurch Akzente bei der Freiheitsbewegung im Land.
Schon seit ihrem Beginn wird die massive Protestbewegung der Iranerinnen und Iraner gegen die theokratisch-diktatorische Staatsgewalt von vielen prominenten Sportlerinnen und Sportlern des Landes unterstützt. Auch die weibliche Elite des iranischen Schachsports macht da keine Ausnahme und unterstützt die Freiheitsbewegung durch klare Statements. Zum Jahreswechsel reihte sich bei der FIDE Schnellschach- und Blitzweltmeisterschaft in Almaty in Kasachstan auch Sarasadat Khademalsharieh (kurz: Sara Khadem) in die Reihe iranischer Schachprofis ein, die dem zwanghaften Tragen eines Kopftuchs unmissverständlich eine Absage erteilt haben.
Die 25-jährige internationale Schach-Großmeisterin solidarisierte sich damit öffentlichkeitswirksam mit den Protestierenden gegen das Mullah-Regime im Iran, die seit September 2022 im Iran auf die Straßen gehen.
Allerdings hatte der Verzicht Khadems auf ein Kopftuch bei ihrem Auftritt auf der WM-Bühne unmittelbare Folgen für die junge Frau: Mit ihrem Ehemann, dem Filmregisseur Ardeshir Ahmadi und dem zehn Monate alten Sohn reiste Khadem von Kasachstan in eine unbekannte Stadt in Spanien. Eine Rückkehr in den Iran hätte vermutlich lebensbedrohliche Konsequenzen für den Schach-Star nach sich gezogen. Der Fall der iranischen Klettersportlerin Elnaz Rekabi, die im Oktober bei den Asienmeisterschaften in Seoul ohne Kopftuch am Wettbewerb teilgenommen hatte, dient als warnendes Beispiel: Nach ihrer Rückkehr in den Iran wurde sie von den Machthabern unter Hausarrest gestellt. Rekabi und ihr Umfeld sind seitdem massiven staatlichen Einschüchterungen ausgesetzt.
Androhung von Enteignungen nebst Ausreiseverboten und der Veröffentlichung von Zwangsgeständnissen haben im Mullah-Staat Methode und kennzeichnen das unbarmherzige Vorgehen des Apparates gegen Widersacher und Andersdenkende. Unter den schätzungsweise weit mehr als 20.000 Gefangenen, die wegen ihrer Kritik am totalitären Regime während der vergangenen vier Monate festgenommen worden sind, befinden sich auch zahlreiche namhafte Sportler. Sie sehen sich mit teilweise nicht nachvollziehbaren Anklagen konfrontiert. Es drohen grausame Justizurteile bis hin zur Hinrichtung.
Nach ihrer Ankunft in Spanien schrieb Sara Khadem auf Instagram: "Meine Auswanderung ist eine familiäre Entscheidung. Ich habe hier kein Asyl beantragt. Aufgrund meiner sportlichen Erfolge und der mehrfachen Staatsangehörigkeiten meines Ehemanns war ich nie um ein Aufenthaltsrecht im Ausland besorgt."