
Polens Grenze zu Belarus: viel zu tun für Menschenrechtler
DW
Die Welt bewundert Polens Solidarität mit den Flüchtlingen aus der Ukraine. An der Grenze zu Belarus dagegen werden Migranten mit demonstrativer Härte behandelt. Menschenrechtler helfen den Notleidenden.
Katarzyna Wappa stammt aus Hajnowka in Ostpolen, unweit der Grenze zu Belarus. Die Englisch-Lehrerin kehrte nach dem Studium an ihren Geburtsort zurück und engagiert sich seit Jahren für den Naturschutz und gegen Rechtsradikale. Der Bialowiezer Urwald beginnt vor ihrer Haustür. Im September vergangenen Jahres merkte die Mutter zweier Töchter, dass in ihrem Wald "etwas nicht stimmt". Auf einmal tauchten zwischen den Bäumen fremde Menschen auf - erschöpft, abgemagert, oft krank und unterkühlt: Flüchtlinge, die über die belarussische Grenze gekommen waren.
Im Herbst 2021 begann das Regime von Machthaber Alexander Lukaschenko, diese Migranten als politische Waffe gegen die EU einzusetzen. Menschen aus dem Irak, Afghanistan oder Syrien, die mit dem Flugzeug nach Belarus gekommen waren, wurden ins Grenzgebiet zu Polen gebracht und zum illegalen Grenzübertritt gezwungen. Warschau reagierte mit Härte, verlegte starke Polizei- und Militäreinheiten in die Region und richtete eine Verbotszone ein, die verhindern sollte, dass jemand den Sicherheitskräften auf die Finger schaut.
Sehr schnell gründeten lokale Aktivisten, darunter Wappa, eine Hilfsgruppe. Sie suchten im Urwald gestrandete Migranten und leisteten erste Hilfe. "Wir mussten oft Ärzte, Rechtsanwälte, Krankenpfleger und sogar Babysitter ersetzen", erinnert sich Wappa. "Einmal trug ich einen Mann, der im Sterben lag, auf meinen Armen aus dem Wald. Wir haben ihn im letzten Augenblick gerettet", erzählt die Aktivistin. Ein anderes Mal schenkte sie einem barfüßigen Flüchtling ein Paar Schuhe.
Als eine der wenigen Beteiligten zeigte Wappa öffentlich ihr Gesicht - eine Entscheidung mit schwerwiegenden Folgen. Nach einem Fernsehbericht über sie wurde ihr Facebook-Konto von Hassnachrichten überflutet. Staatsmedien diffamierten sie, Begegnungen mit Sicherheitskräften eskalierten.
"Ich hatte ein mulmiges Gefühl, als ich sah, wie einmal vier bewaffnete maskierte Soldaten auf mich zuliefen", berichtet sie, und der Schreck ist ihr noch deutlich anzumerken. "Ein anderes Mal wurde mein Auto von der Polizei gestoppt. Die Beamten schlugen mit den Fäusten aufs Dach und machten schrecklichen Lärm. Meine Kinder begannen zu weinen. Ich flehte sie an, aufzuhören, aber vergeblich", erzählt Wappa und fügt hinzu: "Wir mussten die geretteten Flüchtlinge vor den Sicherheitskräften verstecken, damit sie nicht auf die belarussische Seite zurückgeschoben wurden."
