Polen: Kampf gegen Inflation führt zu Chaos
DW
Mit einer "Steuer-Revolution" wollte die PiS die hohe Inflation eindämmen. Doch bürokratische Vorschriften führten zu Chaos in den Buchhalterabteilungen - und zu zahlreichen Protesten.
Daniel Kaczmarczyk betreibt seit acht Jahren den Friseursalon Mixtura in Posen/Poznan. In dieser Zeit musste er nur dreimal kleine Preiserhöhungen vornehmen - bis zum Herbst 2021, als er seine Preisliste radikal änderte. "Die erste große Preiskorrektur war im September, die zweite mussten wir jetzt im Januar vornehmen. Denn alle Preise sind nach oben gegangen. Unsere Lieferanten schrieben uns, dass Kosmetika um 10 bis 30 Prozent teurer werden, ganz zu schweigen von den hohen Strom- und Heizungspreisen und steigenden Sozialversicherungsbeiträgen", berichtet Kaczmarczyk in der polnischen Zeitung Gazeta Wyborcza.
Sein Salon ist zwar in Betrieb, weil es in Polen - trotz hochschnellender Infektionszahlen - im Moment kaum Einschränkungen wegen COVID-19 gibt. Doch wegen früherer Lockdowns sei er "finanziell kaputt". Es gebe inzwischen insgesamt weniger Kunden als früher. Zudem würden die Einwegaccessoires, die mit der Pandemie Pflicht geworden seien, die Kosten ebenfalls erhöhen. "Leider weiß ich nicht, ob es für mich in Zukunft noch rentabel sein wird, in unserem Land Geschäfte zu machen, wenn ich mir die Richtung anschaue, in die sich das alles entwickelt", so Kaczmarczyk.
Polen erlebt gerade die höchste Inflation seit 20 Jahren. Im Dezember 2021 betrug sie 8,6 Prozent. Nach Berechnungen der polnischen Arbeitgeberorganisation Lewiatan seien die Preise für Erdgas im Dezember 2021 im Vergleich zum selben Monat des Vorjahres um 52,3 Prozent, die für Benzin um 30 Prozent gestiegen. Auch die Lebensmittelpreise wuchsen im selben Zeitraum - beispielsweise für Geflügel um 30 Prozent, für Rindfleisch um 19 Prozent, für Zucker um 22 Prozent.
Anfang Januar führte Premierminister Mateusz Morawiecki von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) einen "Anti-Inflations-Schild 2.0" ein, mit dem die Steuern für Benzin, Gas und Nahrungsmittel für ein halbes Jahr gesenkt bzw. ganz abgeschafft werden. Zuvor hatte er kurz vor Weihnachten die Kraftstoffsteuer gesenkt, was Benzin um etwa fünf Prozent billiger machte. Die neuen Maßnahmen sollen den Spritpreis noch einmal um zwölf Prozent senken.
"Die Schutzmaßnahmen werden die Inflation im Januar auf 8,1 Prozent reduzieren", schätzt der Lewiatan-Experte Mariusz Zielonka, zitiert von der polnischen Presseagentur PAP. Die Preise würden aber in den nächsten Monaten nicht sinken, und nach dem Auslauf der Maßnahmen im Sommer sei ein Preisanstieg zu erwarten.