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Perfektion im Programmkino

Perfektion im Programmkino

Süddeutsche Zeitung
Monday, January 17, 2022 01:00:29 PM UTC

Mit seinen Bundesliga-Toren 298 bis 300 verhilft Robert Lewandowski dem FC Bayern in Köln zu einer Demonstration gewohnter Stärke. An diesem Abend geht es für den Stürmer um den Titel des Weltfußballers.

Martin Thomsen aus Kleve hat einen Doktorgrad und übt neben dem Beruf eines "Akademischen Rates" seit neun Jahren im Auftrag des Deutschen Fußball-Bundes die Aufsicht über Zweit- und Erstligaspiele aus. Am Samstagnachmittag um kurz nach halb vier musste sich der gelehrte Mann jedoch von jemandem belehren lassen, der keinen Abschluss in Regelkunde absolviert hat, geschweige denn eine Schiedsrichter-Prüfung. Es ging um eine Rechtsfrage: Thomsen plädierte höchst entschieden auf Abseits, der Autodidakt Robert Lewandowski verneinte und zeigte dies dadurch an, dass er in Richtung seines Widersachers mit dem Zeigefinger wedelte und dazu eine besserwissende Miene aufsetzte, die besagte: Nein, mein Freund, du irrst dich.

Was Doktor Thomsen, der beim Spiel zwischen dem 1. FC Köln und dem FC Bayern die Linie bewachte, nicht wissen konnte: dass seine Augen weniger sehen, als Lewandowskis Sinne erspüren können. Nicht umsonst hat Manuel Neuer den wieder mal dreifach erfolgreichen Mittelstürmer nach dem 4:0 gewonnenen Spiel als "Tormaschine" bezeichnet: Zu Lewandowskis natürlichen Einbauten gehört nicht nur ein sich ständig selbst perfektionierender beidfüßiger Schießmechanismus, sondern auch eine integrierte kalibrierte Linie zum Erkennen von Abseitsstellungen.

Der FC Bayern noch coronageschwächt? Beim 4:0 in Köln widerlegt die Elf von Julian Nagelsmann Mutmaßungen über Spannung im Titelkampf. Neben Robert Lewandowski überzeugt auch Rückkehrer Leroy Sané auf Anhieb.   Von Philipp Selldorf

Das Tor des Münchner Angreifers in der neunten Minute, das Thomsen als unrechtmäßig deklarierte, wurde vom Videogericht alsbald für zulässig erklärt, die Szene war im Grunde der Auftakt einer Fortsetzungsgeschichte, die den Nachmittag prägen sollte. Lewandowskis eingebauter Liniensensor bestimmte den Spielausgang. Während der Torjäger vor seinen Treffern zum 3:0 und 4:0 nanosekundengenau in den freien Raum gestartet war und damit eine Abseitsstellung vermieden hatte, mussten sich die Kölner wegen mangelhafter Präzision von der modernen Technik überführen lassen.

Nach Mark Uths vermeintlichem 1:2 (31. Minute) spielte die Stadionregie bereits lustige Karnevalsmusik ein, der Schiedsrichter erhob keine Einwände und wies zum Anstoßpunkt. Doch dann meldeten sich die Videorichter: Abseits. Denn Uth ist zwar ein guter Bundesligaspieler, aber das exakte Timing von Lewandowski besitzt er nicht - wie ungefähr 99,9 Prozent der übrigen Fußballer auf der Erde.

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