Olympia 2022: Chance vertan – Tibeter und Uiguren schauen enttäuscht auf das Versagen des IOC
Frankfurter Rundschau
Das IOC hätte die sportlichen Wettkämpfe nicht ohne Auflagen nach China vergeben dürfen.
Peking – Die noch junge Geschichte Olympischer Spiele in der Volksrepublik China ist eng mit Tibet verbunden. Sowohl die Sommerspiele 2008 als auch die jetzt beginnenden Winterspiele 2022 wurden vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nach Peking vergeben, obwohl Menschenrechtsaktivisten wegen der deprimierenden Lage in Tibet lautstark dagegen protestierten.
Als im März 2008 viele Tibeterinnen und Tibeter gegen die chinesische Unterdrückung auf die Straße gingen, konnten sie selbst erfahren, was die Versprechungen der Regierung in Peking wert waren. So hatte der Chef der Pekinger Olympiabewerbung Wang Wei versichert, dass „wenn die Spiele nach China kommen, [...] sich auch alle sozialen Bedingungen, wie Bildung, Gesundheit und Menschenrechte, verbessern“ würden. Den Journalistinnen und Journalisten versprach Wang gar, dass „wir den Medien völlige Freiheit für Ihre Berichterstattung gewähren werden, wenn Sie nach China kommen“.
Beide Versprechen entpuppten sich als Lügen. Denn auf die überwältigend friedlichen Proteste der Tibeterinnen und Tibeter für Freiheit, Menschenrechte und die Rückkehr des Dalai Lama reagierten chinesische Sicherheitskräfte mit tödlicher Gewalt und einer rigorosen Nachrichtensperre.
Wenige ausländische Journalistinnen und Journalisten, die während der Proteste zufällig in Lhasa waren und berichten konnten, mussten abreisen. Trotz des Blutvergießens und gebrochener Versprechen lehnte es das IOC ab, die Spiele zu verlegen. Kein IOC-Funktionär forderte nach den Spielen eine Aufarbeitung der Gewalt in Tibet. Die IOC-Karawane ist weitergezogen und nach Peking zurückgekehrt.
Wie in Tibet hatte sich überall in China die Menschenrechtslage nach 2008 massiv verschlechtert. Konnte man vor den Sommerspielen in Peking im Jahr 2008 vielleicht mit großer Blauäugigkeit annehmen, dass sich die „Herren der Ringe“ in der Natur des KP-Regimes getäuscht hatten, so war das bei Vergabe der Winterspiele 2022 nicht mehr so.