"Nur höhere Gehälter schützen vor höheren Preisen"
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Wegen der anhaltend hohen Inflation in Deutschland mehren sich die Rufe nach mehr Entlastung - vor allem für Ärmere. Im Interview mit ntv.de erklärt DIW-Chef Marcel Fratzscher, wieso der Tankrabatt die "Ursünde aller Maßnahmen" ist und inwiefern eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel helfen könnte.
ntv.de: Ist es richtig, die Folgen der Inflation abzufedern?
Marcel Fratzscher: Was wir momentan in Deutschland beobachten, ist eine importierte Inflation. Dinge, die wir importieren müssen, vor allem Energie, sind deutlich teurer geworden. Das bedeutet für uns als Gesellschaft einen Wohlstandsverlust. Die Politik kann die Inflation einerseits nicht laufen lassen, weil von den hohen Preisen besonders die Grundversorgung betroffen ist. Besonders teuer sind Dinge des tagtäglichen Lebens, wie Energie und Lebensmittel. Darauf kann keiner verzichten. Die Menschen können vielleicht auf eine Reise oder Restaurantbesuche verzichten, aber nicht auf das Essen und Heizen. Zusätzlich sind von den hohen Preisen besonders einkommensschwache Menschen betroffen. Das ist dramatisch. Wir reden hier von 40 Prozent der Bevölkerung, die zu wenig Einkommen und gleichzeitig eine Vorsorgelücke haben. Diese Menschen haben zu wenig Geld, um die hohen Energiepreise stemmen zu können und verfügen gleichzeitig über keine Rücklagen, auf die sie zurückgreifen könnten.
Tankrabatt und Neun-Euro-Ticket haben den deutschen Verbrauchern bereits eine kleine Verschnaufpause verschafft. Reichen die bisherigen Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung aus?
Die totale Kontrolle: Mit dem Sozialkreditsystem werden die Menschen in China kontinuierlich bewertet. Wer negativ auffällt oder Schulden hat, landet auf der schwarzen Liste und darf zum Beispiel keine Flug- oder Schnellzug-Tickets kaufen. Doch das System ist noch lange nicht flächendeckend eingeführt.