Netanjahu sagt Deal mit Justiz ab
Süddeutsche Zeitung
Per Video verspricht Israels Ex-Premier seinen Anhängern, in der Politik zu bleiben. Ein Rückzug hätte ihm eine mögliche Haftstrafe ersparen können.
Mit Pathos meldet er sich zurück: "Millionen von euch haben mich unterstützt, das hat mich tief bewegt", sagt Benjamin Netanjahu in seiner jüngsten Videobotschaft. So viel Treue, das vermittelt er, muss auch belohnt werden - und deshalb gibt er der Gefolgschaft ein Versprechen: "Ich werde weiter den Likud und das nationale Lager anführen, um den Staat Israel zu führen."
Ich bleibe und ich kämpfe - das ist die Botschaft, die Israels früherer Premier und heutiger Oppositionsführer aussendet. Zuvor hat er fast zwei Wochen lang geschwiegen, während das ganze Land heftig debattierte und spekulierte über einen Deal, den seine Anwälte mit der Justiz auszuhandeln versuchten. Netanjahu, der in Jerusalem wegen Korruption in drei Fällen vor Gericht steht, sollte dabei von einer Gefängnisstrafe verschont bleiben, wenn er sich im Gegenzug aus der Politik zurückzöge.
In Tel Aviv wurde das Milliardengeschäft für Thyssenkrupp unterzeichnet, obwohl Korruptionsvorwürfe aus der Ära Netanjahu längst nicht aufgeklärt sind. Von Peter Münch
All diese Debatten hat Netanjahu nun beendet, fürs Erste zumindest. Gescheitert sind die Verhandlungen allem Anschein nach am Beharren der Staatsanwaltschaft darauf, dass sich Netanjahu "moralischer Verfehlungen" schuldig bekennen sollte. Dies führt in Israel zu einer siebenjährigen Sperre für alle öffentlichen Ämter, was mit einiger Wahrscheinlichkeit das Ende der politischen Karriere des 72-Jährigen bedeutet hätte.
Berichten in israelischen Medien zufolge sollen seine Anwälte Netanjahu zum Handel mit der Justiz geraten haben. Auch im Familienkreis sollen zumindest die Vorteile debattiert worden sein. Schließlich wäre nicht nur die Freiheit garantiert gewesen, sondern auch die Möglichkeit reichlichen Gelderwerbs als internationaler Festredner oder Aufsichtsrat, zumindest in jenen Ländern, die weniger Probleme mit moralisch angeschlagenen Politikern haben.