Nach Druck aus Brüssel: Orbans Besänftigungsversuch
DW
Korruptionsvorwürfe und mangelnde Rechtsstaatlichkeit: Ungarn droht der Entzug von EU-Fördergeldern. Nun versucht die Regierung von Viktor Orban, noch schnell das Ruder herumzureißen.
7,5 Milliarden Euro Fördermittel stehen für Ungarn auf dem Spiel. Diese Summe hält die EU-Kommission unter Verschluss, solange jahrelange Vorwürfe nicht endlich ausgeräumt sind. Es geht um den mutmaßlichen Missbrauch von EU-Geldern und Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. Die EU-Kommission hat der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban zwei Monate Zeit gegeben, um die Missstände abzustellen und damit ungeschoren aus dem Rechtsstaatsverfahren auszusteigen.
Wenn es ums Geld geht, scheint der Druck aus Brüssel auf Budapest zu wirken: Ungarns rechtsnationale Regierung hat jetzt innerhalb weniger Tage ein zweites Gesetzespaket vorgelegt, mit dem der Missbrauch von EU-Geldern verhindert werden soll. Im Kern beinhaltet es den Aufbau einer Integritätsbehörde. Diese kann eingreifen, wenn Beamte bei mutmaßlichen Betrugsfällen oder Fehlverhalten im Zusammenhang mit EU-Geldern nicht einschreiten.
Die neue Behörde soll die Vorbeugung, Ermittlung und Korrektur von möglichem Betrug, Interessenskonflikten, Korruption und anderen Regelwidrigkeiten bei der Verwendung von EU-Geldern erleichtern. Einen entsprechenden Vorstoß hat jetzt Justizministerin Judit Varga vorgelegt. Die Gesetzesvorschläge wurden am späten Freitagabend auf der Internetseite des ungarischen Parlaments veröffentlicht. Weitere Entwürfe sollen folgen.
Vor wenigen Tagen hatte die Regierung in Budapest ein erstes Gesetzesprojekt zu diesem Thema vorgelegt. Es sieht eine Unvereinbarkeitsregelung für die Mitglieder von Kuratorien öffentlicher Stiftungen sowie eine verbesserte Amtshilfe für die EU-Korruptionsermittlungsbehörde OLAF vor. Die neue Integritätsbehörde soll dem Entwurf zufolge unabhängig von der Regierung funktionieren.
Ihren Präsidenten und dessen zwei Stellvertreter ernennt allerdings Ungarns Staatspräsident auf Vorschlag des Vorsitzenden des ungarischen Rechnungshofs. Das Führungstrio bekommt ein sechsjähriges Mandat - so der Plan aus Budapest. Ein Mitspracherecht bei der Besetzung dieser Chefposten soll eine mit internationalen Experten besetzte Kommission haben, die die Integritätsbehörde beraten und überwachen soll.