Muss Europa auf Kriegswirtschaft umstellen?
DW
Fabrikübernahmen? Preiskontrollen? Rationierung von Lebensmitteln? Wovon sprechen europäische Politiker, wenn sie eine Kriegswirtschaft fordern - oder ablehnen?
Der Begriff "Kriegswirtschaft" ruft bei den meisten Menschen Bilder aus längst vergangenen, dunklen Tagen wach: jener Zeit, als Regierungen ihre gesamten Wirtschaftssysteme und industriellen Kapazitäten neu ausrichteten, um der Produktion von kriegswichtigen Gütern Vorrang zu geben.
Seit Anfang März bemüht sich EU-Kommissar Thierry Breton um eine rasche Steigerung der Bestellung und Produktion von Munition und Waffen durch EU-Regierungen, um einerseits die Ukraine zu beliefern und andererseits eigene Reserven aufzufüllen. Dabei beruft er sich regelmäßig auf das Konzept der Kriegswirtschaft.
Soeben hat der Kommissar mehr als ein Dutzend Rüstungsbetriebe in der EU besucht und sich Klagen über die fehlende Bereitschaft angehört, langfristige Verträge abzuschließen. Trotz zahlreicher EU-Beschlüsse, die Finanzierung zu erhöhen und die Hürden für die gemeinsame Beschaffung zu senken, geht es seiner Meinung nach viel zu langsam voran.
"Diese Verzögerungen widersprechen unserem unmittelbaren Bedarf", sagte Breton am 3. Mai auf einer Pressekonferenz. "Es besteht daher die Notwendigkeit - und das sage ich klar und deutlich - die Produktionsbasis hochzufahren und sie auf eine 'Kriegswirtschaft' umzustellen, wenn Sie mir gestatten, das so zu formulieren."
Doch wie es scheint, hat sich Breton nicht mit allen - oder auch nur einigen - Mitgliedsstaaten darüber beraten, ob sie der Verwendung dieses Begriffs tatsächlich zustimmen würden.