Ministerrücktritte lösen Regierungskrise in London aus
DW
Aus Protest gegen die Amtsführung des britischen Premiers Boris Johnson sind zwei wichtige Minister zurückgetreten. Wird sich Johnson weiter im Amt halten können?
Großbritannien stürzt in eine Regierungskrise. Finanzminister Rishi Sunak und Gesundheitsminister Sajid Javid haben ihre Ämter niedergelegt. Ihm sei "klar, dass sich die Situation unter Ihrer Führung nicht ändern wird, und Sie haben deshalb mein Vertrauen verloren", betonte Javid in seinem veröffentlichten Rücktrittsschreiben.
Unter Premierminister Boris Johnsons Führung werde die Konservative Partei von der Öffentlichkeit weder als wertegeleitet angesehen noch diene sie dem nationalen Interesse. Auch nach dem parteiinternen Misstrauensvotum, das Johnson kürzlich knapp gewann, habe der Premier keinen Kurswandel eingeleitet.
Finanzminister Sunak betonte, er sei immer loyal zu Johnson gewesen. "Aber die Öffentlichkeit erwartet zu Recht, dass die Regierung richtig, kompetent und ernsthaft handelt." Der Sender Sky News zitierte ein namentlich nicht genanntes Regierungsmitglied, dass Johnson nun kaum noch im Amt zu halten sei.
Der Druck auf den Premier hatte zuletzt wegen des Skandals um sexuelle Belästigung durch ein führendes Tory-Fraktionsmitglied wieder deutlich zugenommen: Der stellvertretende Parlamentarische Geschäftsführer der Partei, Chris Pincher, war Ende vergangener Woche zurückgetreten, nachdem er zwei Männer sexuell belästigt hatte. Dabei wurde bekannt, dass es bereits in der Vergangenheit Vorwürfe gegen Pincher gegeben hatte. Abgeordneter wollte er aber bleiben.
Der Premierminister entschuldigte sich am Abend und sagte, die Berufung von Chris Pincher zum sogenannten Vize-Whip sei ein Fehler gewesen. Er habe in dem Fall aber nicht gelogen, betonte Johnson im Sender BBC. Die Whips - auf Deutsch wörtlich Peitschen - sollen für Fraktionsdisziplin sorgen. Zuvor hatte Johnsons Sprecher eingeräumt, dass der Premierminister bereits 2019 über Anschuldigungen gegen seinen konservativen Parteifreund Chris Pincher informiert worden sei. Bisher hieß es, Johnson seien keine konkreten Vorwürfe bewusst gewesen.