Marco Reus: Der "Unvollendete" vor der Krönung?
DW
Hochtalentierter Bundesligaprofi und tragische Figur - Marco Reus hat Borussia Dortmund im vergangenen Jahrzehnt verkörpert. Nun könnte der BVB-Kapitän seine Karriere mit dem Titel krönen, den er am meisten ersehnt.
"Der ganze Klub, die ganze Stadt würde sich riesig mit ihm freuen. In seiner Rolle als Kapitän weiß ich, was es ihm bedeuten würde", sagt BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl über Marco Reus: "Marco hat hier viele Geschichten geschrieben. Er hat hier viele Jahre sehr, sehr Großes geleistet, er hat wahnsinnig viele Tore geschossen." Allerdings ist der Ur-Dortmunder Reus in den vergangenen Jahren auch schon oft eine Art tragische Figur gewesen und hat immer wieder entscheidende Spiele, ganze Turniere und damit auch in der Bundesliga mit Borussia Dortmund möglicherweise den einen oder anderen Titelgewinn wegen schwerer Verletzungen verpasst.
Im Grunde - könnte man boshaft sagen - begann die Dortmunder Durststrecke in der Meisterschaft mit dem Wechsel von Reus aus Mönchengladbach zum BVB im Sommer 2012. Damals war Reus 23 Jahre alt. In Dortmund geboren, war er in der Jugend zehn Jahre lang beim BVB ausgebildet, dann aber für zu schmächtig befunden worden, um es in den Bundesligakader zu schaffen. Daher verließ Reus seine Dortmunder Heimat, machte zunächst bei LR Ahlen in der 3. und 2. Liga erste Schritte im Profifußball und entwickelte sich anschließend in drei Jahren bei Borussia Mönchengladbach zu einem herausragenden Bundesligaspieler.
Nun war er gut genug für den BVB und der Wechsel zurück zu seiner Borussia nach Dortmund, die damals unter Jürgen Klopp gerade zweimal in Folge deutscher Meister geworden war, sollte der nächste Karriereschritt für Reus sein. Das Ziel: Titel sammeln in Schwarz-Gelb.
Doch es kam auf schmerzhafte Art und Weise anders: Immer wieder zog sich Reus langwierige Verletzungen zu und konnte dem BVB auf dem Platz nicht helfen. Zudem verpasste er einige große Turniere mit der Nationalmannschaft. Bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien, bei der das DFB-Team den WM-Titel holte, fehlte er wegen eines gerissenen Syndesmosebands. Die Teilnahme an der EM 2016 verhinderte eine hartnäckige Schambeinentzündung, die Reus ein halbes Jahr seiner Karriere kostete. Den Confederations Cup 2017 verpasste er, weil er sich einen Kreuzbandriss zugezogen hatte, der ihn noch länger schachmatt setzte. Sogar bei seinem ersten Titelgewinn, dem Sieg mit Dortmund im DFB-Pokal 2017, musste er zur Pause verletzt ausgewechselt werden.
Muskelfaserriss, Bänderdehnung, Knochenödem, Muskelbündelriss, Adduktorenverletzung und, und, und - die Liste von Reus' Verletzungen liest sich wie ein A bis Z aller denkbaren Sportverletzungen. Macht man sich die Mühe und rechnet alle Ausfallzeiten zusammen, die das Fußball-Portal transfermarkt.de in Reus' Verletzungshistorie auflistet, kommt man auf 1264 Tage seit Juli 2012. Das sind fast dreieinhalb Jahre, in denen Reus verletzt oder nicht fit war. Umso mehr muss es dem mittlerweile 33-Jährigen bedeuten, dass er seine Zeit beim BVB nun nach elf Jahren endlich mit dem Meistertitel krönen könnte.